Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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29DEZ2020
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Seit drei Wochen steht ein Blumentopf mit Narzissenzwiebeln auf meinem Wohnzimmertisch. Ich beobachte, wie die Blätter und Blüten aus den Zwiebeln sprießen. Am Anfang ging es kaum voran, aber nun sehe ich von Tag zu Tag einen Unterschied. Es wird nicht mehr lange dauern und ich kann bald die erste Blüte bewundern. Gut, ich gebe zu, ich bin etwas früh dran damit. Aber bei der momentanen Pandemie-Lage helfen mir die Blumenzwiebeln, die Zeit bis zum ersehnten Frühjahr zu überbrücken.

Besonders in diesen Tagen zwischen den Jahren ertappe ich mich häufig dabei, dass ich entweder über das vergangene Jahr oder über das kommende nachdenke.

Diese Tage liegen halt dazwischen. So bieten sie Zeit für Rückschau und Ausschau.

Und mit Blick auf dieses Jahr muss ich jetzt einfach mal tief ausatmen, um dann noch einmal kräftig Luft zu holen. Schließlich waren die letzten neun Monate mit der Pandemie echt anstrengend. Jetzt gilt es, den Lockdown auszuhalten und die nächsten Monate werden wohl noch mal eine Herausforderung.

Allerdings: So anstrengend die letzten neun Monate waren und sind, es gab und gibt auch Schönes, das ich nicht missen will: Ich habe zum Beispiel den Grundkurs im Gleitschirmfliegen gemacht und hatte eine tolle Zeit mit den Honigbienen in meiner Imkerei. Zudem backe ich wieder viel mehr und konzentriere mich inzwischen auf die tollsten Varianten von Linzer Torte.

Doch mit Blick auf den Lockdown und aufs neue Jahr beschlich mich nun die Sorge, mir könne auf der restlichen Wegetappe mit der Pandemie die Puste ausgehen. Deshalb brauche ich die Narzissen auf dem Wohnzimmertisch. Wenn aus diesen vertrockneten Zwiebeln plötzlich frisches Grün und Blüten sprießen, ist das auch ein Bild für meinen Glauben, dass wir alle miteinander diese schwierige Zeit aushalten und meistern werden und bessere Zeiten auf uns warten.

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