SWR2 Wort zum Tag

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19DEZ2020
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Auflagen, Schließungen, Quarantäne. Viele Menschen sorgen sich, dass es in diesem Jahr - angesichts von Corona - stillere und vielleicht auch einsamere Weihnachten geben wird. Ich kann das gut verstehen.

Und muss zugleich daran denken, dass in unserem beliebtesten Weihnachtslied, Stille und Einsamkeit einen anderen und keineswegs bedroh-lichen Klang haben. Ich meine: „Stille Nacht, heilige Nacht“.

Es ist das weltweit bekannteste Weihnachtslied überhaupt und für viele Menschen Inbegriff von Weihnachten. Uraufgeführt zu Weihnachten 1818 von dem Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber und dem Hilfspfarrer Joseph Mohr in Oberndorf bei Salzburg. Aus der Not geboren, so wird erzählt. Weil die Orgel der Dorfkirche defekt war.
„Stille Nacht! Heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht nur das traute hochheilige Paar.“  

Ja, ich finde auch, es kann sehr schön sein, wenn an Weihnachten die übers Jahr weit versprengte Familie zusammenkommt. Ich sehe aber auch den Stress, den das für die Familienmitglieder bedeutet, an denen die ganze Planung letztendlich hängen bleibt. Oder die jungen Familien, die sich mit ihren Besuchen fast zerteilen müssen, um die Erwartungen der Verwandtschaft zu erfüllen.

Wie schnell bin ich dann weg von dem, was in diesem Lied gefeiert wird: die stille Nacht, in dem ein junges Paar fürsorglich und auf sich gestellt über seinem Neugeborenen wacht.

Ein Lied, aus der Not geboren. Mich erwärmt es in einer Situation, die einen ansonsten frieren machen könnte. Und ich glaube, es lohnt, sich wenigsten für ein paar Momente an die Seite des Paares und ihres Kindes zu stellen.
Maria und Josef mit dem Kind. Auf einem Weg und an einem Ort, den sie sich nicht ausgesucht haben. So wie sich heute viele Menschen auf einem Weg befinden oder an einem Ort, den sie sich auch nicht ausgesucht haben.

Ja, es hat etwas Berührendes auf sich mit dieser „stillen, heiligen Nacht.“ Nämlich, dass Gott sich im Dunkel der Nacht ganz klein gemacht hat. Um sich heimlich, still und leise an unsere Seite zu stellen. Um mir dort, wo sich das Leben verfinstert, ein Hoffnungszeichen zu schicken.

Anrührend und festlich, denke ich, kann darum auch ein Weihnachten in kleinem und stillerem Rahmen sein. Sozusagen aus der Not geboren.  Wie das Lied: Stille Nacht, heilige Nacht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32250
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