SWR2 Wort zum Tag

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16DEZ2020
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„Ist Weihnachten noch zu retten?“ hat ein Nachrichtenmagazin getitelt. Ich habe mich gefragt: Was heißt das: Weihnachten retten? Wer oder was soll da gerettet werden? Einiges fällt mir da schon ein. Die familiären Zusammenkünfte unterm Christbaum. Die wird es dieses Jahr eher nur im kleineren Kreis geben. Die gewohnten Gottesdienste. Sie werden dieses Jahr anders sein. Kleiner. Im Freien. In ungewöhnlichen Formaten. Der Besuch bei den Eltern im Pflegeheim. Ob und wie das geht, wird erst sich zeigen.

Keine Frage: Dieses Jahr wird an Weihnachten einiges anders sein. Einiges wird mir fehlen, was so selbstverständlich zu diesem Fest dazugehört. Ich nehme wahr: Viele Menschen haben sich jetzt schon sehr Spannendes und sehr Kreatives einfallen lassen, um nicht auf alles verzichten zu müssen. Wenn es gelingt, es trotz allem irgendwie Weihnachten werden zu lassen, dann freut es mich. Manches Liebgewordene lässt sich retten – oder zumindest doch irgendwie möglich machen. Aber Weihnachten zu retten, das ist eigentlich noch einmal etwas anderes. Und so wie ich Weihnachten verstehe, muss ich Weihnachten gar nicht retten. Ja, kann es wahrscheinlich nicht einmal.

In der Geschichte der Weihnacht wird der Satz vom Retten genau umgekehrt.  Da heißt es: „Euch ist heute der Retter geboren!“ (Lukas 2,11) Das ist der Kernsatz der Botschaft der Engel, um die sich alles dreht. Weihnachten hat mit meiner Rettung zu tun. Da geht es darum, dass ich mit dem Leben zurechtkomme.

Weihnachten als Unterbrechung des derzeit so anderen, so schwierigen Alltags in dieser Zeit der Pandemie – das wünschen sich viele. Aus dem Leben zwischen Abstand und Masken einfach einmal auszusteigen. Das geht in diesem Jahr nicht. Aber ein Spaziergang zu zweit oder zu dritt. Ein handgeschriebener Brief als besonderes Geschenk. Vielleicht auch einmal einfach Musik hören und allein mein Lieblingsweihnachtslied singen. Das geht. Auch in diesem Jahr.

Etwas Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen, habe ich ja noch. Noch ist Advent. Ich sehne den Advent jedes Jahr herbei. In diesem Jahr noch mehr als sonst. Denn Weihnachten wird selten ganz einfach. Und genügend Menschen gehen eher mit gemischten Gefühlen auf die weihnachtlichen Tage zu. Noch bleibt mir genügend Zeit, mich darauf einzustellen. Noch sind es acht Tage. Zum Glück. Oder Gottseidank.

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