SWR2 Wort zum Tag

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15DEZ2020
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Seit ein paar Jahren wichteln wir in unserer Familie vor Weihnachten. Wichteln heißt: Per Los erhält jedes Familienmitglied den Namen einer Person, der sie an Weihnachten ein Geschenk zukommen lässt. Die Idee ist: Der oder die Beschenkte soll nicht erfahren, von wem das Geschenk stammt. Meistens ahnen die Beschenkten dann doch, irgendwie, wer dahinter steck. Aber von der ursprünglichen Idee her soll das eigentlich geheim bleiben. So wie sich ein Wichtel in der Welt der Märchen ja auch nicht zu erkennen gibt.

Für mich macht dieses Wichteln schön klar, worauf es beim weihnachtlichen Schenken ankommt. Im Normalfall schenken wir heute ja anders. Kinder schreiben einen Wunschzettel. Auch Erwachsene haben so ihre Wünsche, für deren Erfüllung das bevorstehende Fest der Weihnacht ein guter Anlass ist.

Ich finde, Schenken meint etwas anderes, nämlich jemandem mit etwas eine Freude zu machen. Mit etwas Überraschendem. Etwas Persönliches schenken, das die beschenkte Person gar nicht auf ihrer Rechnung hat. So wie beim Wichteln eben.

Im Advent warte ich darauf, dass für mich etwas Gutes passiert. Aber ich weiß im Voraus nicht schon ganz genau, was da auf mich zukommen könnte. Aber auch wenn ich die Geschichten um dieses Fest kenne, frage ich mich jedes Jahr neu: Was hat es mit diesem Kind denn wirklich auf sich? Mit den Engeln, die vom Frieden auf Erden singen? Mit den Hirten? Mit diesen geheimnisvollen Sterndeutern aus Babylon?

Ein Geschenk ist, was sie da plötzlich sehen. Sie wissen nicht genau von wem. Sehen den Himmel mit im Spiel. Spüren, dass Gott es hier irgendwie gut mit ihnen meint. Aber ganz genau wissen sie nicht, wie sie sich einen Reim darauf machen sollen. Deshalb ist der Advent so wichtig. Da stelle ich mich ein. Da richte ich mich aus – auf etwas, dessen erzählbare äußere Hülle ich zwar kenne. Aber von dem ich mir wünsche, dass es sich mir erschließt.

„Wenn ihr glaubt, dass euch etwas zukommt, dann werdet ihr das auch erleben.“ (Markus 11,24). Jesus hat das einmal gesagt. Und so wunderbar beschrieben worum es geht im Advent. Das Entscheidende im Leben muss ich gar nicht selber machen. Es fällt mir am Ende einfach in den Schoß. Wie der Maria.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32245
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