SWR2 Wort zum Tag

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Wer in Aachen die Josefskirche betritt, stößt im rechten Querschiff auf ein großes, modernes Gemälde, das den Betrachter nicht so rasch wieder loslässt. Eine zeitgenössische Künstlerin stellt das himmlische Hochzeitsmahl dar, Sinnbild für die innige Gemeinschaft der Menschen mit Gott am Ende der Zeiten. Dargestellt ist eine festlich gedeckte und geschmückte Tafel, die von der Erde gleichsam bis in den Himmel hinauf reicht. Der Gastgeber am oberen Ende und die Menschen in seiner Nähe sind gar nicht, oder nur in Umrissen erkennbar. Deutlich erkennbar jedoch an Gesichtern, Gesten, Kleidung sind diejenigen, die am unteren Ende sitzen, Frauen und Männer, die meisten von ihnen verstorben, aber vielen von uns noch als Zeitgenossen bekannt.
Klaus Hemmerle, der frühere Bischof von Aachen, sitzt neben seinem lateinamerikanischen Kollegen, Bischof Oskar Romero, der 1980 wegen seines unerschrockenen Einsatzes für die Rechte der Armen in El Salvador am Altar erschossen wurde. Erkennbar sind Mutter Theresa aus Kalkutta und die evangelische Theologin Dorothee Sölle. Frère Roger Schutz, der Gründer der ökumenischen Gemeinschaft der Brüder von Taizé und Edith Stein, die jüdische Karmelitin, die 1942 in einem Konzentrationslager ermordet wurde. Johannes XXIII, der Papst, der das zweite vatikanische Konzil einberufen hatte, sitzt neben dem Baptistenpfarrer, Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Martin Luther King, der 1968 erschossen wurde. Ruth Pfau, die Ärztin der Armen, sitzt neben Dietrich Bonhoeffer, der der bekennenden Kirche angehörte und nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 von den Nazis ermordet wurde.
Steht man vor diesem Bild, dann drängt sich eine Idee auf: Die Herkunft eines Christen, die ihn zum Lutheraner, Baptisten, Reformierten, Orthodoxen oder Katholiken macht, ist das eine. Worauf es ankommt und was die dargestellten Menschen verbindet, ist das andere und wahrscheinlich das Wichtigere: Sie haben sich, jeder in seiner Weise, in ihren Lebensumständen und ihrer Zeit, für das Evangelium von Jesus Christus geöffnet, mit ihrer ganzen Person, mit ihren Fähigkeiten, mit ihrem ganzen Leben. Sie haben Gottes Einladung dazu angenommen. Und so stehen sie heute vor uns und sprechen von dieser Einladung, die an jeden von uns ergeht: Sie wird sich als stärker erweisen als all unser Zögern, ihr zu folgen. Verschiedene Kirchen und Konfessionen gibt es, damit die Einladung Gottes für viele vernehmbar wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3220
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