SWR3 Gedanken

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08DEZ2020
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Bleiben Sie gesund! Das ist das Motto im Jahr 2020. Ich höre und lese das überall: Unter jeder Mail, in jeder Straßenbahn und kaum eine Verabschiedung ohne: Bleiben Sie gesund! Ein schöner Wunsch, egal ob gerade Pandemie ist oder nicht.

Ich merke, dass mich dieser Wunsch aber auch unter Druck setzen kann. Manchmal verstehe ich ihn fast wie eine Warnung, so nach dem Motto: „Es liegt allein an dir, ob du gesund bleibst oder nicht. Wenn du dann doch krank geworden bist, dann hast du irgendetwas falsch gemacht. Falsche Ernährung oder schlechte Work-Life-Balance. Oder bist nicht vorsichtig genug gewesen und hast dich irgendwo angesteckt. Auf jeden Fall liegt es an dir!“

Das stimmt aber so nicht. Krank kann ich immer werden, da gibt es die unterschiedlichsten Gründe.  Ich kann zum Beispiel krank werden, weil ich in Verhältnissen leben muss, die mir nicht guttun. Wenn ich nie weiß, ob ich nächsten Monat noch einen Job habe oder ob ich meine Miete bezahlen kann, dann setzt mich das unter permanenten Stress. Und das kann mich früher oder später krankmachen. Dafür kann ich aber nichts.

Über Jesus wird gesagt, dass er im Umgang mit Kranken viel Fingerspitzengefühl hatte. Er hat sich für kranke Menschen Zeit genommen. Er hat ihnen zu verstehen gegeben: „Krank sein gehört dazu, du brauchst dich nicht schämen. Hab keine Schuldgefühle deshalb. Und es ist auch vollkommen OK, wenn du Hilfe brauchst. Nimm sie an!“

Gut, wenn mir das jemand sagt, wenn ich krank bin. Ich bin nicht schuld, wenn ich im Job oder in der Familie ausfalle. Natürlich ist es wichtig, dass ich gut auf mich und die Leute um mich herum achtgebe. Gerade jetzt. Aber wenn ich dann doch krank werde, brauche ich mich nicht auch noch unter Druck setzen. Entspannen ist da besser und mir genügend Zeit gönnen. So kann es mir hoffentlich bald wieder bessergehen.

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