SWR2 Wort zum Tag

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30NOV2020
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„Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“ So lautet der biblische Wochenspruch für diese erste Adventswoche, diese Zeit „freudiger Erwartung“ auf die Geburt Christi und seine Wiederkunft. Hört sich gut an, Jesus, ein „König“, einer, der das Sagen hat und im Gegensatz zu vielen anderen, gerecht und hilfsbereit.

Es genügt, dass Sie anschließend die Nachrichten hören, damit für den nüchternen Verstand die Sache klar ist: entweder will Gott uns Menschen helfen, und er kann es nicht. Dann ist er ohnmächtig. Oder er kann uns helfen, aber er will es nicht. Dann ist er missgünstig. Wenn er aber will und kann, wenn er allmächtig ist und uns liebt, warum, ja, warum hilft er uns nicht? Warum beseitigt er nicht mit einem Schlag die Übel dieser Welt? Warum lässt er Menschen leiden und sterben? Warum überhäuft er sie mit Katastrophen und Krankheiten?

Der Zweifel an Gott liegt immer näher als die Hoffnung auf ihn. Der Zweifel sagt: Offensichtlich will Gott uns nicht helfen. Vielleicht ist ihm die ganze Welt, die ganze Schöpfung schon entglitten. Religion ist vielleicht nur der Seufzer der bedrängten Menschen – aber es ist niemand da oben, der unserer Seufzer hört. Gott, das ist ein Hirngespinst. So denkt der Zweifel.

Der Glaube aber kann nicht glauben, dass Gott auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist. Der Glaube will nicht glauben, dass Gott unsere Not zur Kenntnis nimmt wie ein Bürokrat, der sich an Vorschriften, Paragraphen und Dienstzeiten hält. Der Glaube hält es für unmöglich, dass Gott in seinen Unterlagen blättert und dann aufschaut und sagt: Tut mir leid, da können wir nichts machen. Denn der Glaube geht fest davon aus, dass Gott für die Menschen ist und nicht gegen sie. Dass er sie liebt, und nicht hasst. Er ahnt, dass  menschliches Denken und Verstehen weit unterhalb von Gottes Tun und Planen liegt. Und er weiß, dass die Schläge des Unglücks, die Menschen ertragen müssen, nicht mit dem Verstand allein zu begreifen sind.

Aber wie kommt man vom Zweifel zum Glauben? Es hat gar keinen Sinn, jemandem, der zweifelt zu sagen, er solle mit dem Zweifeln aufhören. Besser, man fordert ihn auf, weiter zu zweifeln, noch ein bisschen mehr zu bezweifeln, bis er vielleicht beginnt, an sich selbst zu zweifeln. Und daran, dass man mit dem nüchternen Verstand durchschaut, dass mit Jesus Christus Gott selber kam, ein Gerechter und Helfer.   

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