SWR3 Gedanken

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30NOV2020
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Ich drücke ja gerne mal ein Auge zu. Denn ein Auge zuzudrücken ist doch auch menschlich. Sogar von Jesus gibt es einige Geschichten, da hat er auch ein Auge zugedrückt. Nach dem Motto: Regeln sind zwar gut. Aber Regeln sind für die Menschen da und nicht die Menschen für die Regeln.“

Ein Auge zudrücken ist menschenfreundlich. Beide Augen zumachen ist es allerdings nicht.
Zum Beispiel vor dem Leid der Welt, vor dem Leid der Flüchtenden auf Lesbos oder im Mittelmeer. Ich kann schon verstehen, dass man da dann lieber beide Augen zumacht und vielleicht noch die Hand vor die Augen hält. Manchmal ist das eínfach zu viel!

Aber ob man dafür woanders ganz genau hinschauen muss? Mit Argusaugen wird nämlich auf die Seenotrettungsschiffe geschaut. Die stehen alle bereit, Menschen aus dem Mittelmeer zu retten. Sie sind aber in den Häfen festgesetzt und dürfen nicht auslaufen. Viele, die die Seenotrettung unterstützen sind inzwischen so entnervt, dass sie halt ein weiteres Schiff ins Mittelmeer schicken, obwohl funktionstüchtige Schiffe vor Ort sind.    

Sollte ich mal in Seenot geraten, dann hoffe ich einfach, dass die Retter mich fest im Blick haben. Und nicht beide Augen verschließen. Denn wenn es um Menschenleben geht, dann darf man bei den Regeln kein Auge zudrücken. Regeln sind für Menschen da. Und die Regel des internationalen Seerechtes lautet: alle Menschen, die in Seenot geraten - sogar die Feinde! - müssen gerettet werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32118
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