SWR2 Wort zum Tag

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28NOV2020
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Morgen beginnt der Advent. Knapp vier Wochen sind es noch bis Weihnachten. Eine Zeit, die ich in den letzten Jahren oft als angefüllt und hektisch erlebt habe. Geschenke besorgen und den Christbaum, die letzten Sachen erledigen, die zum Jahresende erledigt sein müssen, sich durch den Weihnachtsmarkt drängeln. Weihnachtsmusical einstudieren und Proben für die Weihnachtsgottesdienste.

Dieses Jahr wird die Adventszeit anders sein. Die Innenstädte sind leerer als sonst, Weihnachtsmärkte abgesagt. Wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, dass auch Weihnachten anders sein wird als gewohnt.

So wird der Advent zu einer Zeit, wie sie früher einmal war. Früher, ganz früher nämlich war die Adventszeit eine Fastenzeit. Bereits im 4. Jahrhundert finden sich davon Spuren. Da begann allerdings das vorweihnachtliche Fasten bereits nach dem Martinstag, dem 11. November. Bis zum Weihnachtsfest, das früher am 6. Januar gefeiert wurde, kam man auf acht Fastenwochen. Und da die Samstage und Sonntage vom Fasten ausgenommen waren, blieben insgesamt 40 Fastentage. So lange, wie heute noch die Fastenzeit vor Ostern dauert.

Warum Fasten vor Weihnachten? Verzicht gilt in vielen Kulturen und Religionen als spirituelle Übung. Wer fastet, so die Idee, macht sich frei für Wesentliches. Lenkt seine Gedanken von Essen und Trinken weg, lenkt seine Gedanken auf sich und andere. Auf Gott. Wird offen für das, was das Leben eigentlich ausmacht und bestimmt. Fasten fokussiert. Lässt mich Fragen stellen: Wer bin ich und wer will ich eigentlich sein? Warum lebe ich? Und wofür? Was ist mir wichtig? Und was brauche ich gar nicht?

In diesem Advent werde ich durch Corona zum Fasten gezwungen. Ich faste Treffen mit Freunden, faste Reisen, faste das Tanzen in der Gruppe, faste die zufällige Begegnung vor dem Supermarkt. Aber ich will nicht nur zum Fasten gezwungen werden. Ich will diese andere Adventszeit für mich nutzen. Will dieses Fasten ganz bewusst angehen. Will es selbst gestalten. Nicht sagen, was ich alles nicht darf. Sondern die wenigen Begegnungen bewusst gestalten. Die Zeit nutzen, die ich mehr habe. Um gestärkt zu werden für die Zeit danach.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32106
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