SWR3 Gedanken

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23NOV2020
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Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Motorradfahrern, die auf Tour gehen -  so würde Jesus vielleicht heute eines seiner Gleichnisse beginnen. Fünf von ihnen sind planlos und fahren einfach zu. Die anderen fünf sind cleverer. Sie fahren zwar später ab, dafür haben sie nochmal vollgetankt. Unterwegs sehen sie dann einen Planlosen nach dem anderen ohne Benzin am Straßenrand stehen und rufen ihnen zu: „Sorry, das Benzin in meinem Tank nützt euch wenig, ruft doch einfach den Pannendienst.“ Spät am Abend kommen die fünf Planlosen am Bikertreff an – pünktlich zur Sperrstunde, dumm gelaufen.

Die Geschichte hinkt natürlich. Erstens hat momentan kein Bikertreff geöffnet, zweitens helfen sich Motorradfahrer immer. Es gibt ein ganz ähnliches Original von Jesus, allerdings nicht mit Motorrädern, sondern mit Brautjungfern, die mit Öllampen auf den Bräutigam warten. Was aber für eine Jesusgeschichte echt ungewöhnlich ist: es geht so gar nicht jesusmäßig zu. Die Cleveren sind alte Egos, die Hilfsbedürftigen schauen in die Röhre.

In beiden Gleichnissen geht es um Öl oder Benzin, das nicht ausreicht. Im übertragenen Sinn um meinen eigenen Energiehaushalt. Ich muss mich darum kümmern, mein Flämmchen hüten. Und meine Energie hilft leider wirklich nur mir, anderen nicht, schon gar nicht ausgebrannten Menschen.

Mich um meinen Brennstoff zu kümmern – das kann ich nicht jemand anderen machen lassen, das ist meine ganz eigene Aufgabe. Und deshalb ist es gut, wenn ich weiß, wann ich zum Tanken muss, und was ich tanken muss. Ich muss spätestens dann tanken, wenn sich nachts mein Gedankenkarussell dreht oder wenn ich unausstehlich werde. Dann muss ich raus, brauche Luft, Wald, Bewegung, Mittagsschlaf, Tapetenwechsel oder vielleicht einen kleinen Ego-Trip. Genau wie die cleveren Biker aus dem Motorradgleichnis.

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