SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

23NOV2020
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Wie wir uns körperlich schützen können, das haben wir in den letzten Monaten gelernt. Manches davon ist in Fleisch und Blut übergegangen: das Händewaschen, das Maske tragen. Aber haben wir auch gelernt, wie wir uns seelisch schützen können?

Manche werden vielleicht nicht einmal die Frage verstehen. Entweder weil sie nach wie vor sehr geschäftig sind oder weil sie es nicht gewöhnt sind, über ihre Seele nachzudenken. Mir begegnen aber inzwischen immer mehr Menschen, die darunter leiden, dass sie so sehr auf sich selbst zurückgeworfen sind. Von meiner eigenen Mutter weiß ich, dass ihr manchmal die Decke auf den Kopf fällt. Eine meiner Schülerinnen am Gymnasium hat in diesen Tagen ihren 18. Geburtstag und kann ihn nicht so feiern, wie sie das geplant hatte und wie ich es ihr wünschen würde: ausgelassen und mit vielen Freundinnen und Freunden, bis in die Nacht hinein, ohne sich zu viele Gedanken zu machen, ohne auf jeden Schritt achtgeben zu müssen. Und selbst merke ich auch, dass es mich anstrengt, immer genau überlegen zu müssen, wo ich hingehe, mit wem ich mich treffen soll oder eben nicht. Was hilft dabei - gerade in den Wochen, wenn es jetzt auf Weihnachten zugeht, eine Zeit, in der die Gefühle hochgehen und wir uns nach Nähe und Geborgenheit sehnen. Hier ein paar Tipps, wie sich die Seele schützen lässt.

Wir können an der Pandemie nichts ändern. Wir haben sie nicht bestellt und können sie nicht einfach so verschwinden lassen. Also ist es klug, die Tatsachen zu akzeptieren. Möglichst cool zu bleiben, würden die jungen Leute sagen. Das ist die Voraussetzung, dass ich meiner Seele überhaupt etwas Gutes tun kann.

Dann der Alltag. Hier hat sich durch Corona viel verändert. Aber nicht alles. Ich meine, es ist gut, in jedem Fall seinen Tages- und Wochenablauf zu ordnen. Ein bestimmtes Maß an Routinehilft, dass wir uns nicht verlieren.

Fakten sind wichtig und es ist gut, bei den Nachrichten auf dem Laufenden zu sein. Wer aber immerzu sich mit Zahlen füttert und zu hören kriegt, was ohnehin schon bekannt ist, dessen Gedanken fangen an, sich im Kreis zu drehen. Also: wohl dosiertmit den Informationen umgehen.

In Krisenzeiten wird die Luft schnell dünn und es gibt öfter Streit. Dann plädiere ich für besondere Großzügigkeit. Helfen Sie einander, wo immer Sie können.

Am Ende steht das Wichtigste: Auch jetzt muss niemand auf Kontakteverzichten. Jeder braucht Nähe und Austausch. Mit etwas Phantasie bleibt keiner allein. Und wir alle kommen behütet durch die kommende Zeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32077
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