SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

18NOV2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wenn möglich, bitte wenden! Das Navi ist schonungslos. Wenn es auch auf Umwegen keine Möglichkeit mehr findet, zum Ziel zu gelangen, dann heißt es: Umdrehen. Was schon beim Autofahren die Nerven strapaziert, ist im sonstigen Leben erst recht eine schwierige Übung: Zu erkennen, dass der eingeschlagenen Weg nicht weiterführt. Und dann tatsächlich die Richtung zu ändern.

Umkehren, die Richtung korrigieren: Darum geht es am Buß- und Bettag, der heute in den Evangelischen Kirchen gefeiert wird. Die Worte für Buße bedeutet in der Bibel genau das: Umkehr, Umdenken.

Wenn möglich, bitte wenden! Manchmal verrennt man sich in etwas – im Großen wie im Kleinen: In Ideen zum Beispiel, wie das Leben zu sein hat. Was man sich für die Kinder oder Enkel wünscht, was man beruflich unbedingt erreichen oder sich materiell leisten können will. Irgendwann wird deutlich: Das wird nichts – oder zumindest nicht auf diesem Wege. Manchmal sind es Beziehungen, die so verfahren sind, dass es einer innerlichen Kehrtwende bedarf, um Abstand zu finden – und dann vielleicht eine Versöhnung, einen Neuanfang zu schaffen. Es kann auch ein Lebensstil sein, von dem man merkt: So weiterzumachen ist schädlich: für mich, für meine Umgebung – oder sogar für die Zukunft der Welt insgesamt.

Der Buß- und Bettag ist für mich Anlass, mir genau anzuschauen, wohin ich eigentlich unterwegs bin – und warum. Wo es vielleicht gerade nicht weitergeht. Und ob es da besser wäre, umzukehren. Das ist nicht angenehm. Anhalten, umkehren, zurückrudern – mir fällt das enorm schwer. Den meisten von Ihnen vermutlich auch. Weil ich ja eigentlich Gründe habe, meinen bisherigen Weg zu gehen. Oder denke: Das steht mir zu. Andere machen das doch auch. Weil ich manchmal nicht sehe, was ich falsch gemacht habe. Oder mir schwerfällt, es einzugestehen.

Die gute Botschaft des Buß- und Bettags ist aber: Umkehren ist keine Schande, sondern zeugt von Einsicht. Und: Es gibt die Möglichkeit, einen neuen Weg zu gehen. Davon erzählen viele Geschichten der Bibel. Zum Beispiel die ganz bekannte vom Sohn, der abhaut und das Erbe seines Vaters verjubelt. Und der dann vor die Hunde geht – oder im seinem Fall eher: zu den Schweinen, die er hüten muss. In seiner Not entschließt er sich, als Knecht zu seinem Vater zurückzukehren. Und wird dort trotz allem mit offenen Armen empfangen.

Für mich heißt das: Gott lässt ich nicht im Stich, wenn ich umkehren muss. Und ich glaube: selbst wenn ich feststecke und die Kehrtwende nicht schaffe, bleibt bei er mir.

Im Prinzip so wie das Navi. Wenn möglich, bitte wenden, sagt es. Mehr nicht. Und führt mich dann geduldig zurück auf den richtigen Weg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32063
weiterlesen...