Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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11NOV2020
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„Wie muss man sich das mit dem Mantel-Teilen eigentlich genau vorstellen?“ hat uns mal ein Theologie-Professor gefragt, mitten in der Vorlesung. Das ist lange her, ich hab noch studiert, aber ich werde es nie vergessen. Es war St.-Martins-Tag, und da ist ihm diese Frage wohl plötzlich in den Sinn gekommen. Wir haben ihn alle bloß groß angeguckt.

„Ich meine,“ ist der Professor fortgefahren, „wenn das so ein ganz normaler Mantel gewesen wäre, hätte das ja wenig Sinn gemacht, den durchzuhauen, oder...? Da hätten ja alle beide gefroren.“
Dummerweise habe ich ausgerechnet in dieser Vorlesung ganz vorne gesessen; plötzlich ist er direkt auf mich zugekommen: „Na, was denken Sie?“ „Naja,“ habe ich laut überlegt, „vielleicht hatte der Mantel ja ein schönes, dickes Innenfutter...?“ Der ganze Hörsaal hat gebrüllt vor Lachen.

Klar, denn eigentlich weiß ja jedes Kind: Es war natürlich kein ganz normaler Mantel, sondern ein großer, weiter Umhang, den man gut und gerne teilen konnte. Das Ganze hat sich irgendwann im 4. Jahrhundert zugetragen. Da hat dieser römische Soldat namens Martin Erbarmen gehabt mit einem frierenden Bettler; und hat kurzerhand seinen Mantel mit dem Schwert in zwei geteilt.

So jedenfalls erzählt es die Legende.
Und in der darauffolgenden Nacht habe Martin von dem Bettler geträumt; und der Bettler habe sich als Jesus Christus zu erkennen gegeben. Und auf diesen Traum hin sei Martin Christ geworden. Und später wollten ihn die Leute dann als Bischof haben. Es wird erzählt, Martin sei so bescheiden gewesen, dass er sich vor Schreck in einem Gänsestall versteckt habe. - Das ist übrigens auch eine der Erklärungen für die Martinsgans.

Am Ende ist Martin 30 Jahre lang der Bischof von Tours gewesen; und es heißt, er habe zahlreiche Wunder vollbracht.

Und an das alles erinnert der St Martinstag. Die leuchtenden Laternen beim Martinsumzug, die von so vielen Kindern landauf und landab gebastelt werden, sind ein Zeichen für die Barmherzigkeit vom Heiligen Martin. Sie sollen Licht in die Novemberdunkelheit bringen.

In diesem Jahr haben wir das besonders nötig; und ich hoffe, sie werden heute überall in den Fenstern stehen und von dort aus für uns alle leuchten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32008
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