SWR4 Abendgedanken

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11NOV2020
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In der Bibel stehen viele Geschichten, die Menschen mit Gott erlebt haben. Der Philosoph Gotthold Ephraim Lessing aber hat sich gefragt: Wie soll ich nachprüfen, ob sie wahr sind? Lessing war bei Jesus nicht live dabei. Darum spricht er von einem „garstigen, breiten Graben“. Ein Graben zwischen ihm und der Zeit, in der Jesus gelebt hat. Lessing hat sich darüber den Kopf zerbrochen, wie er diesen Graben überwinden kann.

Ich kenne das: Zwischen Jesus und mir liegen auch zweitausend Jahre. Aber was mir hilft, sind Menschen, denen ich vertraue. Meine Eltern haben mir von Gott erzählt, der Pfarrer und die Religionslehrerin. Auch sie haben Jesus nicht live erlebt. Und doch haben sie mir ganz persönlich erzählt, was Gott ihnen bedeutet. Solche Menschen lassen den Graben schrumpfen.

Ich weiß noch einen anderen Weg, um näher an Jesus heran zu kommen. Heute denken viele an den Heiligen Martin. Ich weiß noch, wie ich als Kind das Fest St. Martin erlebt habe.  Da war ein Mann auf einem echten Pferd. Alle Kinder sind ihm mit ihren Laternen gefolgt. Und dann haben wir ein kleines Schauspiel beobachtet: Der Mann teilt mit einem Schwert seinen Mantel für einen armen Bettler. Mehr braucht es nicht, um zu zeigen, was auch Jesus wichtig war. An St. Martin denke ich deshalb gern zurück: Da habe ich eine tolle Gemeinschaft erlebt, da haben wir zusammen gesungen und Martinsweckle gegessen.

Feste wie St. Martin helfen mir, den Graben zwischen mir und der Zeit von Jesus zu überwinden. Hier kann ich live dabei sein. Leider kann St. Martin heute Abend nicht so groß gefeiert werden. Aber ich habe von einer schönen Idee gehört: Viele Menschen stellen einfach eine Laterne ins Fenster, die nach draußen scheint.  So zeigen sie: Wir denken an St. Martin und wie er mit anderen geteilt hat.

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