SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

09NOV2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ich komme morgens in die Küche und stelle fest: Unsere Küche hat sich über Nacht in eine Tropfsteinhöhle verwandelt. Wir haben einen Wasserschaden, weil oben im Bad die Fugen nicht mehr dicht sind. Es tropft von der Decke. Sofort greife ich zum Telefon und rufe die Handwerker an.

Handwerkerinnen und Handwerker haben mir schon oft geholfen. So auch diesmal: Jürgen und Mustafa rücken an und bringen jede Menge Werkzeug mit. Sie werden die Fugen erneuern und haben eine Trennwand für die Dusche dabei.

Ich komme mit Jürgen und Mustafa ins Gespräch. Sie erzählen von ihrer Arbeit und dass sie nur noch wenige Jahre haben, dann können sie in Rente gehen. Fast 40 Jahre Bäder renovieren, abdichten, bohren, montieren. Jürgen sagt: „Wir achten auf Qualität. Klar, Fehler können immer passieren. Wir versuchen trotzdem jeden Tag unser bestes. Gründlich und sorgsam zu arbeiten ist uns wichtig. Viele Bäder halten dann für Jahrzehnte.“

Ich bewundere, wie bei Jürgen und Mustafa jeder Handgriff sitzt. Die beiden erzählen aber auch von den schwierigen Seiten ihres Berufs: Der eigene Körper muss mitspielen, sonst geht es nicht. Darum sagen sie: Sicherheit geht vor Schnelligkeit, sonst bleibt die Gesundheit auf der Strecke. Das zeichnet die beiden aus: Sie gehen sorgfältig mit dem Werkzeug und dem Material um. Und sie gehen sorgsam mit sich um. Diese Achtsamkeit will ich mir abschauen. 

Jürgen und Mustafa räumen ihr Werkzeug wieder in den Transporter. Sie fahren zurück zu ihren Familien, endlich Feierabend. Und mein Bad sieht super aus.

Arbeit kann anstrengend, nervig und eintönig sein. Oder ich spüre, wie ich etwas aufbaue und anderen weiterhelfe. Dann ergibt es Sinn, was ich mache. Wenn ich meine Talente einbringen kann und mit den Jahren immer besser werde. Manche sprechen sogar davon, dass sie ihre Berufung gefunden haben. So oder so: Es tut mir gut, wenn ich eine Aufgabe habe, wenn ich etwas leisten kann. Dann trägt meine Arbeit dazu bei, dass ich mich selbst verwirklichen kann.

Heute Abend denke ich an alle, die im Handwerk arbeiten. Denn das Handwerk braucht jede und jeder. Allen Handwerkerinnen und Handwerkern, die jetzt müde nach Hause kommen: Erholt Euch gut. Ihr könnt stolz auf Euch sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31991
weiterlesen...