SWR4 Abendgedanken

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06NOV2020
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„Durch die Straßen, auf und nieder, leuchten die Laternen wieder…“ – Am nächsten Mittwoch ist Martinsfest. Und ich liebe es. Vielleicht sogar mehr als meine Kinder das tun. In den letzten Tagen habe ich schon die ersten Laternenläufer und Laternenläuferinnen gesehen: Stolz mit ihren bunten Laternen stapfen sie mit Mama oder Papa durch’s bunte, knisternde Herbstlaub. Jede Gruppe ist eingehüllt in tiefe, dunkle Nacht, gegen die die bunten Lichter tapfer anleuchten. Es sieht so schön aus!

Ich liebe das Martinsfest. Und er ist ja auch faszinierend, dieser Martin, der die Hälfte seines eigenen Mantels weggibt, damit ein armer Bettler nicht erfrieren muss. Die Botschaft vom Teilen steht im Mittelpunkt. Wie gut, wenn die Kinder sich an diesen Mann erinnern.

Aber ich liebe das Martinsfest noch aus einem ganz anderen Grund: Mir haben es die bunten Lichter angetan. In diesen Tagen, wenn das Grau des Novembers alles zu überdecken droht, da tun sie mir gut, diese Lichter in der Dunkelheit.

Der November ist traditionell die Zeit, in der an die Toten gedacht wird. In der Trauer wieder hochkommt. Nach all den Schrecken der Pandemie brauche ich diese Zeit, um an die Menschen zu denken, die nicht mehr bei mir sind, die ich vermisse und die in meinem Alltag fehlen. Und trotzdem: Damit ich nicht im Trübsinn hängen bleibe, tun mir die Laternenlichter gut. Bunt strahlen sie in die Dunkelheit, trotzen der Trostlosigkeit und helfen mir, nicht in der Trauer zu versinken und unterzugehen.

Darum liebe ich das Martinsfest. Und ich habe auch gleich ein Lied dazu im Ohr. Ich weiß nicht, ob Sie es kennen (EG 56, 1 und Kehrvers nach der 5.Strophe):

Weil Gott in tiefster Nacht erschienen,

kann unsre Nacht nicht traurig sein.

Der immer schon uns nahe war,

stellt sich als Mensch den Menschen dar.

Weil Gott in tiefster Nacht erschienen,

kann unsre Nacht nicht endlos sein.

Aber ist das nicht ein Weihnachtslied, denken Sie jetzt vielleicht.  Ja, Sie haben Recht. Das ist eigentlich ein Weihnachtslied. Aber für mich passt es auch in den November.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31977
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