SWR3 Gedanken

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04NOV2020
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Schuldige findet man schnell. Schon immer, früher wie heute erfinden Menschen die absurdesten Schuldzuweisungen. Das tun Menschen besonders gerne, wenn sie die Welt nicht mehr verstehen.

An seiner Krankheit ist der Kranke schuld, weil er sich angeblich zu leichtsinnig verhalten hat.

An der Sucht ist der Süchtige schuld, er könnte sich ja schließlich besser im Griff haben.

Und natürlich ist das vergewaltigte Mädchen selbst schuld – bei dem kurzen Rock!

In der Bibel steht, wie Jesus auf diese absurden, ja verletzenden Schuldzuweisungen reagiert. Jesus lässt Schuldzuweisungen nicht nur zerplatzen wie einen Ballon, um zu zeigen, wie hohl sie doch eigentlich sind. Nein, Jesus kehrt sie um! Jesus fragt: „Du siehst den Splitter im Auge deines Gegenübers. Bemerkst du nicht den Balken in deinem eigenen Auge?“ (Matthäus 7,3)

Sein Motto: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!  Bevor du dir Gedanken über die „Schuld“ der anderen machst - fang bei dir selber an. Wobei man sollte sich auch nur für das schuldig fühlen, was man sich wirklich zuschulden kommen hat lassen. Gesunde Selbsterkenntnis – nicht krankhaftes Schuldgefühl, auch nicht neurotische Skrupel. Niemand soll sich die Schuld an etwas einreden, das er nie getan hat.

Doch so eine Selbsterkenntnis ist gar nicht so einfach. Schuldig zu sein, tut weh. Aber letztendlich tut es gut zu sagen: „Ich bin schuld. Und ich bitte um Entschuldigung!“

Ich bin davon überzeugt, dass jemand, der ehrlich zu sich selbst ist, sich auch selbst eher erträgt, so wie er ist.

 

→Burkhard Weitz „Soll man sich schuldig fühlen? Wenn Anlass dazu besteht: natürlich! Doch Schuld anzuerkennen, fällt manchem ganz schön schwer“ in: Chrismon 07/08 2020.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31969
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