SWR3 Gedanken

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03NOV2020
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Ich hatte so richtige, im wahrsten Sinne des Wortes: bodenlose Angst. Es war der vorletzte Tag. Wir waren in Orléans losgefahren, fuhren den Radweg an der Loire entlang, wunderschöne Landschaft und ein beeindruckendes Schloss am anderen! Es war nachmittags, bald sollten wir das Ziel erreicht haben. Nur noch diese Brücke über die Loire und dann waren wir da. Aber die Brücke schaukelte im Wind, die Autos fuhren viel zu schnell, viel zu dicht direkt neben uns, der Fahrradweg war viel zu schmal, auf der einen Seite das Brückengeländer, auf der anderen ein hoher Bordstein, zu eng zum schieben und beim Fahren rüttelte der Wind am Fahrrad. Mein Freund fuhr voraus, ganz mit sich und seinem Rad beschäftigt. Und ich fühlte mich hundeelend und allein gelassen! Mir liefen Tränen der Anstrengung, der Anspannung und der Angst die Wangen runter, während ich - ganz langsam - über die Brücke fuhr.

Abends, frisch geduscht, beim Apéritif dachte ich: es ist doch erstaunlich, was für eine innere Kraft man hat. Man denkt, es geht nicht mehr, aber da ist etwas, das einen weitertreibt. Nicht nur auf einer schwankenden Brücke, auch in meinem Leben:

Nach meiner Scheidung dachte ich: tiefer kannste nicht mehr fallen. Aber da war etwas in mir, das sagte: Auf, Kopf hoch, einen Schritt nach dem anderen.

Oder als es auf der Arbeit nicht mehr ging, als es unerträglich wurde, da war sie wieder da, diese Kraft in mir, die mich nach neuen, anderen Möglichkeiten suchen ließ.

Da ich an Gott glaube, glaube ich auch: diese innere Kraft ist Gottes Kraft. „Gott ist meine Kraft und mein Heil!“ (2. Mose 15,2). Ja, genauso fühlt es sich an: Gott gibt mir Kraft und hilft mir, trotz allem weiterzugehen.

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