Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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02NOV2020
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Was hat der Preis einer Tafel Schokolade mit dem Flüchtlingsstrom zu tun? Mehr, als manche denken. „Hauptsache billig“ hat seinen Preis - der wird zuerst weit weg bezahlt, dann schlägt das aber auch auf uns zurück.

Eine Tafel Schokolade bekommt man bei uns schon für weniger als 1 €. In fast jeder Tafel steckt Kinderarbeit. Weil die Kleinbauern in den Anbaugebieten ihre Familie nicht ohne Mitarbeit der Kinder ernähren können - so gering ist der Lohn für diese schwere Arbeit. Und die Kinder atmen ungeschützt Pestizide ein, sie müssen schwere Säcke tragen und bekommen Verletzungen durch die scharfen Macheten ab, mit denen sie arbeiten müssen. Niemand von uns würde so etwas seinem eigenen Kind zumuten. In Ghana, der Elfenbeinküste und anderen Erzeugerländern ist das Alltag. Wenn dort die Familien von besseren, menschenwürdigen Lebensbedingungen träumen, dann ist das nur allzu verständlich. Und auch, dass sie sich verzweifelt aufmachen in Länder, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Würden Sie das nicht auch erwägen, wenn Sie mit Ihrer Familie unter solch erbärmlichen Verhältnissen ihr Leben fristen müssten? Erst recht, wenn Menschenrechte missachtet und Menschenleben gefährdet werden.

Auch in vielen anderen Branchen, die in Entwicklungsländern produzieren lassen, ist das keinen Deut besser.

Die Unternehmen haben dafür eine Verantwortung. 42 deutsche Unternehmen, die Kirchen und der Entwicklungshilfeminister fordern deshalb ein Lieferkettengesetz - das heißt, dass die Firmen die Produktionsbedingungen überprüfen müssen und dafür haften. Ihre Überlegung: Wenn alle von ihren Lieferanten nicht nur Qualitäts-Standards für das Produkt fordern, sondern auch Standards für die Arbeitssicherheit und Sozialstandards für die Menschen, dann zahlt sich das längerfristig für alle positiv aus, auch für uns hier.

Übrigens: Bei uns im Eine-Welt-Laden bekomme ich eine Tafel hervorragender Schokolade ab 1,50 €. Durch den fairen Handel kann jeder einen kleinen Beitrag leisten zu einem gerechten Lohn, mit dem die Kakaobauern menschenwürdig leben können. 

 

Zum Thema siehe den Artikel „Preis der Moral“ von Kerstin Witte-Petit in der „Rheinpfalz am Sonntag“ vom 16. August 2020, S.6 „Wirtschaft“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31961
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