SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

28OKT2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Tosend und mächtig braust der Schlussakkord des großen Orchesters, überzeugend hält der Chor seinen letzten Ton. Jetzt winkt der Dirigent ab und nur noch der Nachhall füllt den Konzertsaal. Und dann bricht der Beifall los.

Spätestens jetzt wissen jeder Chorsänger und jede Orchestermusikerin, weshalb sie die Mühen der letzten Tage und Wochen auf sich genommen haben.

Aber seit März ist dieser Beifall verstummt. Im Februar habe ich mir noch nicht vorstellen können, dass es Monate geben wird, in denen kein einziges Konzert, kein Gastspiel, Musical oder Theater stattfindet. Dabei tut es uns Menschen gut, für eine Kulturveranstaltung aus unserem gewohnten Alltag auszusteigen und in die Welt der Musik, des Theaters einzutauchen.

Die Künstlerinnen und Künstler durften nicht proben und eben auch nicht auftreten. Mich hat es gefreut, dass einige von ihnen sehr kreativ geworden sind und zum Beispiel in Autokinos ein Konzert veranstaltet haben oder auch online Konzerte angeboten haben. Schließlich leiden die Künstlerinnen und Künstler sehr darunter, dass sie ihren Beruf quasi nicht ausüben dürfen. Denn außer für die festangestellten Künstler, und das sind die wenigsten, hat das auch bedeutet, dass ihre Einkünfte weggebrochen sind.

Die gesamte Kulturbranche liegt sozusagen am Boden und alle hoffen, dass Konzerte wieder möglich sein werden, bevor die Insolvenz eintritt. Da ist es gut, dass sich unser Staat verstärkt um die Kulturbranche kümmert und auch hier Unterstützung bereitgestellt wird. Nicht nur für die Wirtschaft.

Im Song „Hooray for Hollywood“ heißt es sinngemäß: „Der Metzger, der Bäcker, der Lebensmittelhändler, der Schreiber und viele mehr sind im Geheimen unglückliche Menschen, denn sie werden nur bezahlt für das, was sie tun, bekommen aber keinen Applaus, es gibt nichts schöneres als das Showbusiness, das Künstlersein.“

In diesen Tagen brauchen die Künstler einen langen Atem, dass sie diese Zeit überstehen, denn die Künstlerinnen brauchen Lob oder eben Beifall. Sie müssen seit Monaten darauf verzichten. Dabei ist es dieser Beifall, der sie anspornt, der sie nach neuen Herausforderungen suchen lässt. Da ist es gut, dass es jetzt vorsichtige Zeichen gibt, dass die ersten Konzerte mit wenig Publikum wieder anfangen können, natürlich mit den Hygieneregeln. Doch noch bleiben dabei viele mögliche Plätze leer.

Wenn wir mit unserem Chor und Orchester wieder einmal Beifall bekommen, dann ist für uns klar: Das nächste Mal wollen wir noch besser sein. Dafür proben wir. Natürlich mit Abstand.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31903
weiterlesen...