SWR4 Abendgedanken

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27OKT2020
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„Wenn der Wind des Wandels bläst, bauen die einen Mauern – die anderen Windmühlen.“ Seit vielen Jahren begleitet mich dieses chinesische Sprichwort.

Auf unserer Erde ist nichts so beständig wie der Wandel. Täglich wandelt sich etwas und es kommt darauf an, wie wir damit umgehen.

Viele neue Ideen brauchen Menschen, die sie gut finden, sie bekannt machen, sie Wirklichkeit werden lassen. Ohne diese Windmühlen-Menschen bleibt die Idee kraftlos und schwach. Mit ihnen aber geht es voran.

So hätte es ohne sie keine Demokratie gegeben bei uns, und auch meine alt-katholische Kirche gäbe es nicht, wenn nicht viele sich mit aller Kraft dafür eingesetzt hätten. Und bei uns würden bis heute keine Frauen zu Priestern geweiht, wenn uns bei der Synode 1994 der Mut zur Entscheidung gefehlt hätte. Und wenn in den Gemeinden Mannheim, Augsburg und Münster, in denen sich bisher Frauen als Pfarrerin beworben haben, der Mut gefehlt hätte, wären sie nicht zu Pfarrerinnen gewählt worden. Und es hat mich sehr gefreut, dass unser Bischof als seine Stellvertreterin eine Frau zur Generalvikarin ernannt hat.

Was die Rechte der Frauen angeht, ist in unserer Gesellschaft und den Kirchen noch einiges zu tun. Solange etwa Frauen immer noch weniger für die gleiche Arbeit verdienen als Männer, können wir nicht wirklich von Gleichberechtigung sprechen.

Die Realität zeigt leider auch, dass es bei jeder guten Idee Menschen gibt, die sie ausbremsen, die alles dafür tun, diese Idee nicht Wirklichkeit werden zu lassen, die Mauern aufbauen. In den Köpfen, in den Herzen, manchmal auch mit Steinen. Hinter diesen Mauern geht dann gar nichts mehr weiter, bleibt alles, wie es ist.

Typische Worte, die hinter den Mauern hervorschallen, sind etwa: Das hat es ja noch nie gegeben, das haben wir alles schon probiert, das kann ja gar nicht gehen, wenn wir das machen, wird alles zusammenbrechen.

Diese Bedenken gab es auch bei der Synode 1994. Aber die große Mehrheit der Synodalen hat damalsgespürt, dass es Zeit war, Windmühlen zu bauen und den Weg zur Gleichberechtigung der Frauen auch in meiner alt-katholischen Kirche frei zu machen.

Nur durch Windmühlenmenschen geht es mit Kraft vorwärts, mit ihnen kann sich vieles wandeln, in mir, in meiner Kirche, und in unserer Gesellschaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31902
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