SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

21OKT2020
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Ein Witzbold hat einmal gesagt: „Es gibt zwei Worte, die öffnen im Leben viele Türen:  Ziehen und drücken.“ Das ist natürlich als Spaß gemeint.

Aber im Ernst: Ich glaube, es gibt tatsächlich ein kleines Wort, das im Leben oft weiterhilft. Das Wort heißt „dennoch“.  Ich mache mal ein Beispiel: Ich weiß morgens nicht, was mir der Tag bringen wird, dennoch stehe ich aus dem Bett auf. Ich weiß manchmal nicht, wie es weitergehen soll, dennoch wage ich den nächsten Schritt. Ein geliebter Mensch ist gestorben, dennoch verzweifle ich nicht. Oder: Jemand hat mich mit seinen Worten oder seinem Verhalten tief verletzt, dennoch mache ich wieder einen Schritt auf ihn zu und reiche ihm die Hand zur Versöhnung.

Das kleine Wort „dennoch“ ist ein Protest gegen alle Sorgen. Es drückt Hoffnung aus. Mit dem kleinen Wort „dennoch“ wehre ich mich gegen Mutlosigkeit und Angst und Verzweiflung. Die Dinge sind in meinem Leben manchmal nicht schön, sondern schwer und sorgenvoll – dennoch vertraue ich darauf, dass es gut werden wird.

Im Psalm 73 in der Bibel betet ein Mensch zu Gott und klagt ihm alle seine Sorgen. Wenn man diesen Psalm liest, dann spürt man, dass der Mensch viel Schlimmes erlebt haben muss. Aber das Schlimmste für ihn ist wohl, dass Gott bisher nicht geholfen hat. Er glaubt an Gott, er betet zu ihm, aber Gott hat ihm offenbar das Leiden und den Schmerz nicht erspart. Und dann spricht dieser Beter zu Gott: „Dennoch bleibe ich stets bei dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.“ (Ps. 73,23).  Da ist es wieder: Dieses kleine entscheidende Wort „dennoch“. Der Beter gibt seine Hoffnung und seinen Mut trotz aller schlimmen Erfahrungen nicht auf. Und er nennt auch einen Grund für sein „dennoch“. Weil Gott ihn an der Hand führt. So wie ein Vater sein Kind an die Hand nimmt, wenn es gefährlich wird. In der Dunkelheit. Beim Überqueren einer Straße. Oder beim Steigen auf einen hohen Turm. Die Hand des Vaters gibt dem Kind Sicherheit und hält es fest, damit ihm nichts passiert. Genauso ist Gott. Er erspart uns das Leid nicht. Aber er nimmt uns an die Hand.

Darum will ich, wenn mich die Sorgen oder die Mutlosigkeit mal wieder überwältigen wollen, ein kleines Wort dagegen setzen: „dennoch“

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