SWR2 Wort zum Tag

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Was wäre das für ein Gott, der sich von Menschen umstimmen ließe? Verdient so ein Gott Vertrauen? Wenigstens von Gott möchte man doch hoffen dürfen, dass er gerecht ist und unbestechlich konsequent. Es ist doch schon verwirrend genug, wie wenig verlässlich Menschen sind.
Und trotzdem, genau das erzählt die Bibel von Gott. Dass er sich umstimmen lässt. Nicht oft. Es sind wenige dramatische Begegnungen und immer steht dabei das Leben von Menschen auf dem Spiel.
Eine dieser Begegnungen wird erzählt im 2. Buch Mose:
Die Israeliten sind endlich frei. Gott hat sie aus Ägypten gerettet. Aber am Ziel der Freiheit sind sie darum noch lange nicht. Davor liegt Wüste. Und in ihr drohen sich die Israeliten zu verlieren. Sie sind kurzerhand dabei, Gott ihren Befreier zu verraten und ihre Freiheit zu verspielen. Während Mose noch auf dem Berg die 10 Gebote entgegen nimmt, rotten sich die Israeliten unten zusammen. Sie gießen ein goldenes Stierbild und rufen es zu ihrem neuen Gott aus. Diesen Verrat kann und will Gott nicht dulden. Es gibt Vergehen, die können nicht ohne Sanktionen bleiben. Was taugen Gebote und Gesetze, wenn sie ohne Folgen übertreten werden können? Gott, so erzählt die Bibel, nimmt die Menschen ernst. Sie sollen die Konsequenzen ihres Verhaltens tragen. Da tritt Mose auf den Plan.
„Mose flehte vor dem HERRN, seinem Gott: Ach HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst.“ Und tatsächlich: Das Unglaubliche geschieht: „Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte.“ Schön für die Menschen. Aber was ist das für ein Gott? In sich widersprüchlich?
Benno Jacob, ein jüdischer Rabbiner, versteht diese Umstimmung Gottes anders. Mose hat Gott nicht völlig umgestimmt. Sondern er findet mit seiner inständigen Bitte Gehör, weil er in Gott anspricht, was Gott doch längst ist: Liebe. Er will seine Menschen lieben. Moses Bitte spricht aus, was Gott auch im Sinn hat. Und bringt es zum Vorschein. Auch das kann beten sein, Gott erinnern.
Ich vermute, Sie kennen ähnliches auch von Menschen. Manchmal brauche ich die Stimme eines anderen, damit ich tun kann, was ich im Stillen auch schon erwogen habe. Ich muss nicht auf meinen Prinzipien beharren, weil ich Angst haben muss, das Gesicht zu verlieren. Ich kann mich umstimmen lassen. Die Bibel sagt: das ist etwas Göttliches.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3182
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