Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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06OKT2020
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Juden, Christen und Muslime sind sich in ihren Heiligen Schriften einig: Nirgendwo ist Gottes gute Schöpfung so unmittelbar gegenwärtig wie in einem blühenden Garten, der vor Leben nur so strotzt. Der Garten ist ein Sinnbild für das Paradies.

Geht man durch unsere Neubaugebiete, dann sind wir von paradiesischen Zuständen weit entfernt. Immer öfter prägen trostlose Schottergärten das Bild. Sterile Kiesflächen und Steinhaufen haben die klassischen Vorgärten abgelöst. Im Sommer glühen die Geröllflächen heiß wie Herdplatten.

Hier hat die Natur keine Chance mehr. Ausgerechnet in Zeiten des Insektensterbens breiten sich diese Gärten des Grauens immer weiter aus. Das Verschwinden der Insekten und der Rückzug der Singvögel spielen keine Rolle. Hauptsache, die Flächen sind pflegeleicht.

Voll im Trend liegen auch die seelenlosen Metallzäune mit ihren eingezogenen Kunststoffbändern. Die PVC-Streifen garantieren einen perfekten Sichtschutz. Solche Zäune erinnern in ihrem morbiden Charme an Absperrgitter in Fabrikanlagen. Manchmal fühle ich mich an die Scheußlichkeiten der innerdeutschen Grenze zurückversetzt. Statt eines Gartens könnte man hinter diesen Sperranlagen eher Minenfelder und Selbstschussanlagen vermuten!

Was treibt Hauseigentümer dazu, sich so bunkermäßig abzuschotten? Ist es nur die reine Bequemlichkeit? Oder will man keine Nähe mehr zu seinen Nachbarn? Der lückenlose, mannshohe Sichtschutz als Kontaktsperre?

Eines aber ist sicher: Einladend wirken diese Steinwüsten und Monsterzäune nicht. Und für die Natur sind sie eine Kriegserklärung.

Baden-Württemberg hat die Schottergärten jetzt verboten. Gut so.

Rheinland-Pfalz könnte hier nachziehen. Dann ließe sich vielleicht ein winziges Stück des Paradieses zurückgewinnen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31809
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