SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

09OKT2020
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„OMG“, hat vor kurzem ein Mädchen über den Pausenhof gerufen. Laut, so als wäre sie vor irgendetwas völlig überrascht. „OMG?“, habe ich gedacht. „Meine Güte, was soll das denn wieder bedeuten?“

Also bin ich zu den drei Mädchen hingegangen und habe direkt gefragt, was „OMG“ bedeute. Große Augen, erstaunte Blicke, offener Mund. „OMG? He, das müssen Sie als Pfarrerin doch wissen. OMG heißt Oh my God!“ Kichernd haben die Mädchen mich stehengelassen. „Halt, stopp! Und wann benutzt man diesen Ausruf?“ Auf diese Frage haben die Mädchen nur mit den Schultern gezuckt. „Na dann, wenn er passt. Ist doch logisch, oder?“

Klar, ist das logisch. Natürlich benutze auch ich bestimmte Aussagen nur dann, wenn sie passen. Es wäre unlogisch, jemanden mit den Worten „Hallo, wie geht es Dir?“ zu verabschieden. Eine Aussage muss passen. Aber wann passt nun „Oh mein Gott“?

Da stand ich also auf dem Pausenhof und habe mir Gedanken über eine Abkürzung gemacht, die junge Menschen verwenden. Aber nur junge Menschen? Wenn ich ehrlich bin, benutze ich diese Abkürzung, dieses kurze Gebet auch oft, vielleicht einfach nur mit anderen Worten: „Gott sei Dank“, sage ich, wenn etwas gut gelaufen ist und schicke damit ein kleines Dankgebet zum Himmel. Und wenn etwas droht aus dem Ruder zu laufen oder gar schief zu gehe, da rutscht mir häufiger ein „Um Himmelswillen“ über die Lippen.

Letztendlich stehen die drei Mädchen in einer guten Tradition. Denn egal was im Leben passiert, wir haben immer die Möglichkeit Gott anzurufen. Auf ganz unterschiedliche Weise. „Der Herr ist allen nahe, die zu ihm rufen, all denen, die aufrichtig zu ihm rufen.“ In diesem Psalm, diesem alten Lied, wird nicht gesagt, wie ich Gott anrufen soll. Es geht nur darum, dass ich es machen darf. Mit kurzen Worten, mit wohlformulierten Sätzen, laut oder leise, als Ausdruck des Entsetzens oder der Freude. Völlig gleich. Gott ist mir nahe, wenn ich das Gespräch mit ihm suche. Mir tut es gut, das zu wissen.

Das geht also auf dem Pausenhof oder im Auto oder auch einfach mal so zwischendurch. „OMG“, kann ich da nur sagen. Oder „Gott sei Dank!“

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