SWR2 Wort zum Tag

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25SEP2020
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„Sorgt euch nicht!“, sagt Jesus in der Bergpredigt, „nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht, was ihr anziehen werdet.

Sorgt euch nicht! Wenn das so einfach wäre. Ich kann mir das zwar sagen lassen, aber dann wache ich doch wieder früh auf und mache mir Gedanken um alles Mögliche – um mich selbst, um andere Menschen, um die Welt.

Trotzdem glaube ich: Der Satz stimmt. Die Sorge um mich selbst führt nirgendwo hin. Aus ihr spricht eine große Angst: als würde alles schiefgehen, nur weil ich es nicht in der Hand habe. Genau aus dieser selbstbezogenen Angst will Jesus uns rausholen.

Bei mir hat das vor ein paar Tagen ein Mann auf einem Fahrrad getan. In seinem Rucksack trug er einen ganzen Strauß Gladiolen. Ein witziges Bild: Die langen Blumen ragten in strahlenden Farben hinter seinem Kopf auf. Ich musste schmunzeln, als er vorbeifuhr – und daran denken, wie Jesu Worte aus der Bergpredigt weitergehen: Schaut die Lilien auf dem Feld an […]: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet […]: Sollte er das nicht viel mehr für euch tun?

Die Lilien auf dem Feld oder die Gladiolen im Rucksack: Sie sind ein gutes Bild für das, was ich nicht machen kann und was mir einfach zufällt. Beim näheren Hinschauen gibt es da vieles: Ich bin gesund – und meine Lieben auch, weitgehend zumindest. Wir haben ein gut funktionierendes Gesundheitssystem. Die Kinder können in die Schule gehen.

Je länger ich nachdenke, umso mehr Gründe zu danken fallen mir ein.
Der Radfahrer mit seinen Blumen – mit ihm wendet sich mein Blick von der Sorge hin zur Dankbarkeit. Das ändert noch nichts an den Problemen in der Welt. Aber mein Blick ändert sich. Er wird freier und ich kann Dinge anpacken. Ich kann dafür Sorge tragen, dass sich etwas ändert. Im Klimaschutz zum Beispiel. Mich dem Klimastreik heute anzuschließen ändert sicherlich mehr als manche sorgenvoll durchwachte Nacht.

Von der Sorge zur Dankbarkeit: Das wird mein Projekt für die kommende Woche.  Ich nehme mir vor: Ein Grund zu danken pro Tag. Vielleicht stecke ich am Ende der Woche für jeden Grund eine Blume in meinem Rucksack. Das gibt einen bunten und schönen Strauß. Bestimmt bringe ich damit den einen oder die andere zum Schmunzeln. Und wer schmunzelt, sorgt sich nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31730
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