SWR2 Wort zum Tag

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22SEP2020
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La mascherina – der italienische Begriff für die Gesichtsmaske gefällt mir. Das klingt deutlich leichter und fröhlicher als der deutsche Wort „Maske“. Und „la mascherina“  - der beschwingte Name - hat, seit wir im Urlaub waren, weiter dazu beigetragen, dass sich mein Verhältnis zu dem neuen Kleidungsstück entspannt. Inzwischen vergesse ich meine Maske kaum noch – und merke, was alles damit geht: lange Zugfahrten, Singen im Gottesdienst... schon lästig, klar – aber möglich!

Weil ich mich mit der Zeit an die Mund-Nasen-Bedeckung gewöhnt habe, kann ich schwer nachvollziehen, dass sich an ihr so emotionale Diskussionen entzünden. Und dass sie für manche Menschen zum Symbol der Unfreiheit geworden ist. Vermutlich haben sie einen anderen Freiheitsbegriff als ich.

Ich halte mich in dieser Frage gerne an Martin Luther. In seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, hat der Reformator eine, wie ich finde, sehr hilfreiche Unterscheidung getroffen: Im Glauben – im Vertrauen auf Gott – so sagt er, ist der Christ „ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan“. In der Liebe aber – wenn es die Mitmenschen und den Umgang mit ihnen betrifft – da ist der Christ „ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan.“

In der Maskenfrage heißt das für mich: Ob ich gerade eine Maske trage oder nicht – ich bin und bleibe ein freier Mensch und habe das Recht, gehört und respektiert zu werden. Aber aus Rücksicht auf meine Mitmenschen, besonders auf die, die vom Corona-Virus besonders gefährdet ist, setze ich die Maske auf. Anderen zuliebe kann ich mein Bedürfnis nach unbehindertem Sprechen und frischerer Luft zurückstellen – ohne dadurch meine Freiheit zu verlieren.

Ich weiß auch: Für manche Menschen sind die Alltagsmasken wirklich eine Belastung. Wenn jemand sowieso schon schlecht atmen kann. Oder wenn er wegen seiner Schwerhörigkeit darauf angewiesen ist, die Mundbewegungen des Gesprächspartners zu sehen, um ihn zu verstehen. Da wird der Mundschutz zum Problem. Und da müssen Lösungen gefunden werden.

Allen anderen aber, meine ich, sollte die Maskenpflicht keine große Sorge bereiten. Denn so eine mascherina ist nur ein kleines Stück Stoff. Und ich bin überzeugt: Die Würde und die Freiheit, die Gott uns schenkt, kann sie uns ganz sicher nicht nehmen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31703
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