SWR3 Gedanken

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26SEP2020
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In normalen Zeiten bedeutet Notfallseelsorge für mich:
Mit dem Piepser auf Abruf sein. Bei Unfällen Zeugen begleiten, Einsatzkräfte entlasten und stärken bei Todesfällen Betroffene durch den Schreck begleiten. Immer nah an den Menschen dran bleiben, in den Arm nehmen, die Hand halten.

Aber in Zeiten wie diesen? Wo körperliche Nähe komplett verboten ist? In Zeiten wie diesen muss man nicht mit Piepser auf Abruf sein. In diesen Zeiten brauchen wir alle doch sowas wie Notfallseelsorge‘. Etwas, was hilft gegen die Isolation, gegen Sing- und Kuschelverbote, sogar bei Kleinkindern.

Notfallseelsorge -  seit Monaten ist das:
Telefonieren mit dem Mann, der in einer Einrichtung für Behinderte lebt. Zu Beginn durfte er nicht arbeiten in die Werkstatt, nicht mal  spazieren gehen. Das macht ihm große Angst. Notfallseelsorge ist auch die Musik beim Open Air Konzert auf der Kirchwiese. Ich kann sehen, wie sie aufatmen, die Ärztin und der Wohnsitzlose. Wenn ein kleines Mädchen Ballett tanzt am Zaun.

Notfallseelsorge ist auch die Balkon-Andacht vorm Pflegeheim. Die Seniorinnen sitzen dabei unter Schirmen auf ihrem Balkon und dürfen mitsingen. Notfallseelsorge in Coronazeiten ist auch das geduldige Gespräch mit der Frau, die jetzt zu den Demos geht, weil sie Masken und Kontakteinschränkungen einfach nicht mehr ertragen kann.

Notfallseelsorge ist, wenn ich bei dem älteren Ehepaar anrufe, das seit Monaten das Haus nicht verlässt und das die Sorglosigkeit der Jüngeren als Bedrohung erlebt.

Corona ist für viele Seelen einfach nur ein Notfall. Wie schön, wie wichtig, dass so viele derzeit als Notfallseelsorger aktiv sind. Und sich umeinander kümmern!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31696
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