SWR3 Gedanken

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25SEP2020
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Ich weiß nicht, wie ihnen das geht in der Coronazeit. Für mich gehört es zum Schwierigsten, dass ich so oft angemeckert werde. Ich bin nicht besonders gut darin, Regeln zu befolgen.

War ich noch nie, aber ich trage Maske wo nötig und halte Abstand. Sonst meckern mich nur die Kinder in der Schule an. „Frau Sobottke, das darf man nicht sagen,“ wenn mir ein „blödes Kackwürstchen“ rausrutscht. Derzeit finden nicht nur Grundschüler, sie müssten den anderen nochmal erklären, was geht und was nicht.

Eine Freundin wird von einer Frau mit weit ausgefahren Armen in den Bauch gehauen – „Sie müssen Abstand halten!“ motzt die. „Können Sie die Maske vielleicht mal richtig tragen!“ brüllt eine Frau einen Mann in der Bahn an. Beim Radfahren, beim Einkaufen, in der Bahn, ständig maßregelt einer den anderen. Voller Aggression.

Dann eine andere Freundin, sie ist Risikopatientin und auch sie dreht sich genervt in der Schlange um. „Halten Sie doch bitte Abstand!“ versucht sie, stets freundlich zu sagen. Aber das mit der Geduld funktioniert nicht so lange.

Letzte Woche steh ich selbst in der Schlange und direkt neben mir kruschtelt eine Frau in den Regalen herum, Maske am Kinn. Ich merke, wie ich kribbelig werde. Während ich zahle, tritt die Frau neben mich und legt schon mal ihren Einkauf ab. Die Verkäuferin ist perplex: „Sie müssen doch Abstand halten“ sagt sie. Die Frau zittert. Ich weiß nicht warum, aber es geht ihr nicht gut.

Ich bin froh, dass ich sie nicht auch noch angemotzt habe. Vielleicht ist das jetzt dran: Einfach mal nichts sagen, oder freundlich bleiben und abwarten. Geduld üben eben. Schwierig! Vielleicht sind die anderen auch gerade an ihren Grenzen – wie ich selbst.

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