SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

03SEP2020
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Mein Haus, mein Auto, mein Job, mein Pferd… all das sind klassische Statussymbole. Statussymbole zeigen, was ich habe und wie ich gerne gesehen werde möchte. Egal ob jung oder alt, jede*r hat das Bedürfnis, sich in gewisser Weise selbst darzustellen. Und das tun junge Menschen heutzutage vor allem in Bildern. Dank der sozialen Medien zeigen junge Leute das, was sie haben, mit Bildern auf Plattformen wie Instagram. Und die meisten Bilder zeigen überwältigende Aussichten an berühmten oder gar geheimen Reisezielen; große Feste mit vielen Freund*innen; eine schicke Stadtwohnung oder einen selbst umgebauten Camper. All diese Bilder sollen zeigen: Ich erlebe was in meinem Leben. Ich bin erfolgreich und beliebt. Mir geht‘s super!

Ich muss zugeben: Ich schaue mir diese Selbstdarstellungen anderer Leute und was sie so erleben auch gern an. Aber oft bin ich auch ganz schön unzufrieden, wenn ich mich dann bei mir umgucke: Ich komme gar nicht so oft dazu, herumzureisen oder ein romantisches Selfie mit meinem Mann zu machen. Irgendwie erscheint mir mein Leben im Vergleich zu all den Bildern ganz schön langweilig.

Aber vielleicht ist es auch der Vergleich, der mich stört. Denn im Vergleich zu diesen Vorzeige-Bildern ist mein Leben eben eher normal. Statt mich ewig zu vergleichen, frage ich mich lieber, was denn MEINE vier besten Bilder sind. Und dabei werde ich ziemlich schnell fündig: Ich denke als erstes an meine Familie, die mich ganz arg glücklich macht; ich denke an einen Ausflug, den ich mit meiner Freundin vor einigen Wochen gemacht habe; an einen Moment, in dem ich mit einem Lieblingsmenschen gemeinsam weinen konnte; und an mein Fahrrad, das mich und meine Kinder an meine Lieblingsorte zu Hause bringt. Vier Bilder, die mir zeigen: ich kann voll und ganz zufrieden sein mit meinem Status. Ich bin ganz bestimmt nicht reich, ich bin ganz bestimmt nicht perfekt oder super hipp. Aber darum muss es gar nicht gehen. Statussymbole dienen natürlich dazu, sich selbst darzustellen und zu zeigen, wie und wo man sich in dieser Gesellschaft verortet. Aber es muss dadurch nicht unbedingt dazu führen, dass ich mit Anderen konkurriere. Denn nach dem zwanzigsten Bild von einem perfekten Badestrand bin ich ganz froh, endlich mal wieder auf einem Bild jemanden zu entdecken, der in meiner Nachbarschaft ein Eis isst oder mit dem Buch auf dem Balkon hockt. Denn die Vielfalt dieser Bilder macht das ganze erst spannend. Und da lege ich gerne meine dazu, die mindestens genauso schön sind wie die der anderen.

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