SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

01SEP2020
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Bin ich eigentlich nur dann eine gute Christin, wenn ich in die Kirche gehe? Früher war das schon so, dass diese Frage meist mit ja beantwortet wurde.  Das ist aber anders geworden. Heute wird das Christsein nicht mehr nur auf den Gottesdienstbesuch reduziert. In letzter Zeit habe ich mich aber doch etwas in frühere Zeiten zurück versetzt gefühlt. Vor allem dann, als ich den Eindruck gewonnen hatte, dass es in der Corona Krise das wichtigste Anliegen vieler Kirchenmenschen war, Gottesdienst feiern zu können.

Natürlich, gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, gemeinsam glauben und hoffen zu können. Aber dabei ist der Gottesdienst doch nur ein Bereich, in dem wir das tun können. An so vielen anderen Stellen kann ich seither erfahren, dass ich Mitstreiter*innen habe, die glauben: Die Telefonseelsorge hat mehr Anrufe als je zuvor; und Zeltlager bieten vielen Kindern und Jugendlichen im Sommer einen Ort, um endlich mal rauszukommen. Das macht mir Mut, dass da so viele Menschen da sind für Andere und sich deren Sorgen und Problemen stellen und Hoffnung schenken.
Aber wie auch schon vor Corona gibt es mehr als nur einen Ort, an dem ich Glaube mit Anderen erfahren kann: Zum Beispiel wenn ich ein Tischgebet spreche oder meine Kinder zum Abschied ein Kreuzzeichen auf die Stirn zeichne; wenn ich die Erzieher*innen im kirchlichen Kindergarten meiner Töchter sehe, die ihnen so viel Halt und Freude schenken; oder das Hospiz in meiner Stadt, das mit so viel Hingabe und Geduld Sterbende begleitet.

Denn immer dann, wenn Menschen sich begegnen und gemeinsam daran glauben, dass dieses Leben Sinn hat und es sich lohnt, sich füreinander einzusetzen, dann ist auch da Gott voll dabei. Dazu braucht es keinen großen Raum, keine große Gruppe, keine spezielle Form. Da reichen schon zwei oder drei Menschen und Gott ist mittendrin.

Es gibt natürlich Zeiten im Leben, da tut es gut, sich in feste Formen und Rituale fallen lassen zu können. Wenn ich zum Beispiel um einen Menschen trauere und ich mich in einem Beerdigungsgottesdienst verabschieden kann; und Trost in dieser Gemeinschaft finde. Da wird mir deutlich, dass so ein großes Fest mit bedeutungsvollen Ritualen mir gut tut und ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen kann.

Aber das ist nur ein Teil von all dem, was meinen Glauben in Gemeinschaft ausmacht. Ein Glaube der mir das Gefühl gibt: Ich bin nicht allein mit Gott unterwegs. Denn Gemeinschaft im Glauben ist überall dort, wo ich mit anderen hoffen kann, wo wir uns trösten und das Leben feiern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31592
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