SWR3 Gedanken

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30AUG2020
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„Das war ein ganz anderes Leben damals.“, denke ich und komme in ein stockdunkles Zimmer ohne Fenster. Nur im Eingangsbereich kann ich was erkennen, da sind vier verschiedene Lichtschalter. Ich drücke auf den ersten, auf dem steht „Kerzenlicht“. Ein Licht geht an, aber es ist trotzdem noch ziemlich duster. Dann drücke ich auf den nächsten Schalter, darauf steht „Petroleumlampe“. Dann auf die „Glühbirne“ und am Schluss leuchtet ein „Halogenstrahler“. Da bin ich schon fast geblendet, so hell ist das.

Ich besuche das Freilichtmuseum im Schwarzwald, die Vogtsbauernhöfe. Ich schaue mir an wie ein Bauernhaus vor zweihundert Jahren innen ausgesehen hat und die Museumsbetreiber haben diesen Effekt mit den Lichtschaltern eingebaut.

Mir wird klar, wie dunkel das Leben vor zweihundert Jahren gewesen sein muss, vor allem im Winter. Mir kommt aber auch der Gedanke, dass die Menschen damals manches besser erkannt haben als wir heute, trotz des schlechteren Lichts. Zum Beispiel, dass alles im Leben mal eine Pause braucht: der Ackerboden und auch der Mensch. Alle sieben Jahre haben die Bauern damals den Acker brach liegen lassen, damit sich der Boden erholen kann. Und am Sonntag haben sich alle ausgeruht.

Klarer war früher vielleicht auch, dass Pflanzen und Tiere mit dem, was sie geben, ganz viel wert sind. Auf die eine Kuh im Stall haben die Bauern gut aufgepasst. Am Schluss wurde sie zwar geschlachtet, aber dann auch voll und ganz verwertet. Heute wollen wir nur das gute Rumpsteak essen und von allem anderen nichts wissen.

Vor zweihundert Jahren war die Welt irgendwie dunkler, aber wenn ich die Welt mit den Augen von damals sehe, dann kann das heute richtig erhellend sein: wenn ich versuche alles zu verwerten, was ich im Kühlschrank habe oder wenn ich sonntags Pause mache.

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