SWR2 Wort zum Tag

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02SEP2020
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Sieht ganz easy aus, am Bildschirm hinter der Konsole: Da zeigt sich auf der anderen Straßenseite  ein Mann mit nahöstlicher Kopfbedeckung und einer Waffe in der Hand.  Zielen, Feuerstoß, Treffer.  Die Gestalt sinkt hinter eine Fensterbrüstung und ist außer Sicht.  Die Optik soll sehr einfach sein – und das Gefecht sei kaum zu hören. Wie es eben so ist bei diesen EgoShooter- und Baller-Spielen, auf der Spielstation oder auch im Internet. Nur: das hier ist ein bisschen mehr als Spielen; es ist ein Programm, mit dem Soldaten zu kämpfen lernen. Und das Töten bringen sie sich da auch gleich bei.

Früher lief das noch andersherum: Wie das so zugeht im Nahkampf oder in der Panzerschlacht im wirklichen Krieg, das machten die Computerspiele nach. Ziemlich erfolgreich. Man man zielte und schoss und erreichte das nächste Level. Oder wurde erschossen und damit um ein paar Level zurückgestuft; aber es ging gleich in die nächste Runde.

Man spielt und spielte Krieg. Digital jetzt. Natürlich haben wir als Kinder auch schon Krieg gespielt – analog eben, offline. Und haben erst sehr spät gelernt, was wir da eigentlich spielen; und wie schreckliche Erinnerungen unsere Eltern und Großeltern hatten aus den brutalen Kriegen ihres Lebens. Spielt nicht Krieg! haben sie gerufen. Und selten nur auch: spielt lieber Frieden!

Inzwischen, berichten Journalistenkollegen*,  läuft es andersherum  als in den digitalen Anfängen:  Simulatoren und Übungsprogramme lernen von Optik und Technik der Spiele. Soldatinnen und Soldaten kennen diese Programme und lernen darum damit schnell –  vom ScharfSchießen im Nahkampf bis zur Steuerung der Drohne, die irgendwo ganz weit weg eine tödliche Rakete abfeuert.  Irgendwie spielerisch. Wie schrecklich…

Spielt Frieden, nicht Krieg! – ziemlich hilfloser Vorschlag unserer Eltern.  Denn wie geht das eigentlich: Frieden spielen?

Heute weiß ich, warum es ihnen so schwer fiel: Frieden spielen ist unmöglich. Frieden müssen die Menschen machen oder wenigstens üben. Friede entsteht, wo Menschen entdecken,  dass auch die anderen Menschen sind; sogar die angeblichen Feinde –  sie wissen schon: auch die mit der „nahöstlichen Kopfbedeckung“… Wo sich zeigt, dass Liebe möglich ist –  oder wenigstens Achtung vor dem anderen Leben und dem seiner Familie. Oder wo ich einfach nur von anderen erwarte,  was er oder sie wohl auch von mir erwarten darf.

Klingt doch auch easy – ist aber gelegentlich, zugegeben,  ein bisschen schwieriger als zielen schießen treffen.

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* Sendung TIEFENBLICK WDR5 –
online: www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/dok5/games-150.html

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31569
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