SWR2 Wort zum Tag

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29AUG2020
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Ich freue mich über jede gute Nachricht in diesem Dürresommer. Und die gibt es auch. Versteckt unter den schlechten:  Die Bäume leiden. Bei einem Waldspaziergang hab ich es selbst erlebt.

Wie aus dem Nichts ein scharfes Knacken und Splittern. Es tut weh im Ohr. Dann noch einmal. Und dann lange anhaltend, noch lauter und dabei bricht direkt neben mir ein großer Ast ab von einem Baum und fällt. Eine direkte Ursache hab ich nicht erkennen können. Er ist einfach gefallen.

Ich mag Wald, seinen Schatten. Die Kühle, die er spendet. Die Geräusche. Aber nicht alle. So ein kreischendes Dürresterben tut weh.

Darum bin ich so froh über gute Nachrichten. Wie diese aus dem Nationalpark im Harz. Dort sterben die Fichten. Aber - so lese ich in einem Artikel - „die toten Fichten sind nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu einer neuen Wildnis. Wo Leben vergeht, entsteht Platz für Neues,“ sagt der Sprecher des Nationalparks Harz. Und der Reporter schreibt weiter: ‚Totholz ist nicht einfach tot: wer aufmerksam schaut, kann sehen wie zwischen den stehenden und liegenden Stämmen eine neue Generation Wald wächst. Überall sprießen junge Ahorne, Ebereschen und Birken aus den morschen Stümpfen.“ Und der Reporter erzählt nicht nur von neuem Leben der Bäume.

„Die Vogeldichte steigt im wilden Wald,… die Spechte hämmern ihre Höhlen in die toten Stämme. Im Unterholz finden Luchse und Wildkatzen Unterschlupf. Die vermodernden Stämme sind zudem Lebensraum und Nahrungsquelle für viele Pilze und Insekten, Käfer und Wildbienen nutzen Totholz für ihre Brut.“ (TAZ 14.8.2020)

Ich weiß, so eine Nachricht aus einem Nationalpark, in dem vieles anders sein kann als im Nutzwald, ist kein Trost für Waldbesitzer, die ihr Holz vor der Zeit verkaufen müssen. Oder doch, vielleicht könnte darin trotz allem eine Perspektive liege, wie es weiter gehen könnte?

Wer mit Wald lebt, weiß, dass man da nicht von heute auf morgen denken darf. Man muss in Generationen denken. An unsere Enkel. Ein neuer Wald braucht lange bis er groß ist. Aber die Enkel werden ihn vielleicht genießen können. Vermutlich müssen bis dahin noch viele Bäume still oder laut krachend sterben. Und wir müssen verstehen, dass das vielleicht sein muss. Und hoffen, dass wirklich nachhaltig Neues wächst. Wie es in einem Gebet in der Bibel zuversichtlich heißt.

„Alle halten Ausschau nach dir, Gott.  …..Wendest du dich ab, erschrecken sie. Nimmst du ihnen den Lebensatem, dann sterben sie und werden zu Staub. Schickst du deinen Lebensatem aus, dann wird wieder neues Leben geboren. So machst du das Gesicht der Erde neu.“

Ich werde meinen nächsten Waldspaziergang auch mit dieser Hoffnung machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31557
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