SWR3 Gedanken

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27AUG2020
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Spaziergang im Wald. Davon hat die Westpfalz ja reichlich. Fächelnde Schmetterlinge, zirpende Grillen, summende Bienen. Und am Wegesrand ein enormer Ameisenhaufen. Tausende von Ameisen. Auf der Suche nach Nahrung, beim Transport von Nahrung. Eine Ameise fesselt meinen Blick. Sie hat sich eindeutig übernommen.

Vorsichtig balanciert sie ein Blatt Richtung Hügel, das deutlich größer ist als sie selbst. Sie manövriert es durch den Strom der Ameisen, versucht sich an der ersten Steigung. Und scheitert. Das Gewicht des Blattes ist einfach zu groß für eine kleine Ameise. Sie versucht es wieder. Und wieder. Und wieder.

Aus dem Strom der Ameisen löst sich eine. Packt mit an. Und noch eine. Und noch eine. Ich beobachte das schaukelnde Blatt. Und die wachsende Zahl von Ameisen. Bis es gelingt. Gemeinsam hieven sie das Blatt über die erste Steigung. Und die nächste. Und die nächste. Das Blatt schaukelt immer höher. Getragen von vielen. Ich vermute, es wird sein Ziel erreichen. Und gehe weiter.

Und denke an Ziele. Und Blätter. Und wie schnell sich Menschen übernehmen, sich Lasten zumuten, die sie alleine gar nicht tragen können. Was sie aber nicht zugeben. Bis sie zusammenbrechen. Unter der Last. Wie wäre es, wenn dann einer käme? Und noch einer? Und noch einer? Bis die Last von so vielen geteilt wird, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes erträglich wird?

In der Bibel lese ich: „Helft einander, die Lasten zu tragen.“ In der Natur sehe ich: das funktioniert. Und was bei Ameisen funktioniert, kann ja auch für Menschen eine gute Strategie sein. „Helft einander, die Lasten zu tragen.“ Weil sich miteinander Ziele deutlich besser erreichen lassen als alleine.

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