SWR3 Gedanken

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25AUG2020
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Die Emma ist gereizt, ich bin gereizt. Und wie das manchmal so ist: Ein winziger Anlass genügt – und meine 14jährige Tochter und ich kriegen uns in die Haare. Ein Wort gibt das andere. Am Ende sitzt jede von uns in einer anderen Ecke und schmollt. Das können wir ganz schön lange. Zur Not über Stunden. Aber es sind hässliche Stunden.

Kein Mensch fühlt sich wohl, wenn er Streit hat. Konflikte belasten das Gemüt. Besonders wenn wir sie mit denen ausfechten, die wir schätzen und lieben. Renitente Kinder, schnarchende Ehemänner, nachlässige Freunde, schlecht gelaunte Kollegen. Oft sind es kleine Kränkungen und Nervigkeiten, die am Ende zu großen Zerwürfnissen führen. Die eigentlich keiner will.

Heute ist der „Küsst-und-vertragt-euch-Tag“, 1992 erfunden von der US-Amerikanerin Jacqueline Milgate. Einmal im Jahr eine gute Gelegenheit zur Versöhnung mit denen, mit denen ich eigentlich gar nicht über Kreuz liegen will. Bei denen ich es einfach nur nicht schaffe, den ersten Schritt zu tun, obwohl ich mich viel lieber wieder vertragen würde. Einmal im Jahr?

Die Bibel erhöht die Versöhnungs-Frequenz deutlich. Dort heißt es: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Also nicht nur einmal im Jahr, sondern jeden Tag soll ich überlegen, wie ich Streit beilegen und mich mit anderen wieder vertragen kann. Weil es sich dann einfach besser schläft. Und lebt.

Und das stimmt ja auch. Deswegen kommen die Emma und ich dann doch irgendwann aus unserem jeweiligen Schmollwinkel und vertragen uns wieder. Küssen und vertragen ist eindeutig netter als streiten und schmollen. Am besten jeden Tag, bevor die Sonne untergeht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31534
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