SWR3 Gedanken

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21AUG2020
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Aller Anfang ist leicht. Davon bin ich überzeugt, seitdem ich im fünften Stock ohne Aufzug wohne. Die ersten Stufen im Treppenhaus kriege ich auch mit vollen Einkaufstaschen noch gut hin. Die anstrengendsten sind aber die letzten Stufen, besonders jetzt im Sommer. Deshalb meine ich: Das Sprichwort „Aller Anfang ist schwer“ stimmt nicht so ganz.

Ein Gespräch mit irgendjemandem anzufangen zum Beispiel finde ich einfach, da findet sich immer irgendetwas, über das ich mit jemandem reden kann. Ein neues Hobby ausprobieren oder eine neue Sprache lernen geht eigentlich von heute auf morgen. Einfach mal eine App runterladen oder bei einem Kurs anmelden, schon habe ich die Sache zumindest mal angefangen.

Dinge aber bis zum Ende durchzuziehen, das finde ich viel herausfordernder. Wenn zum Beispiel eine lange Freundschaft von mir eingeschlafen ist und wir uns einfach nichts mehr zu sagen haben. Da noch einen guten Abschluss zu finden und die Sache rund zu machen, so dass wir beide sagen können „Es war schön, jetzt trennen sich unsere Wege, mach’s gut“, das finde ich total schwierig.

Und gleichzeitig merke ich, dass es sich oft lohnt am Ende nochmal so richtig reinzubuttern in manche Sachen, dass sie gut werden oder zumindest ein ordentliches Ende kriegen. So ein Gespräch mit einem alten Freund kostet mich dann auch mal einiges an Überwindung. Ich finde es nämlich gar nicht so leicht, sich einzugestehen, dass es mit der Freundschaft nicht mehr so ist, wie es mal war. Das ist mir mein alter Freund aber wert, dafür habe ich viel zu viel Zeit mit ihm verbracht. Und wenn mir das gelingt, dann ist das wie, wenn ich oben bei mir in der Wohnung ankomme mit vollen Einkaufstüten. Ich weiß, ich habe es geschafft, ich habe das so gut es ging zu Ende gebracht – und das fühlt sich einfach gut an.

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