SWR3 Gedanken

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07AUG2020
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In der französischen Stadt Beaune gibt es ein Haus, das heißt „Hotel-Dieu“, also „Hotel Gott“. Das hört sich doch luxuriös an: nach Pool-Landschaft, all inclusive Frühstück und Himmelbett. Und tatsächlich ist das Haus mit dem vielversprechenden Namen eines der schönsten und ältesten Häuser der Stadt: prächtige Gauben und kunstvolles Fachwerk. 

Das „Hotel Dieu“ stammt schon aus dem Mittelalter. Es wurde aber nicht für Urlauber gebaut, sondern für Kranke und Menschen, die sterben müssen. Die lagen dem Stifter des Hauses besonders am Herzen. Er hat versucht, diesen Leuten das Leben im „Hotel Dieu“ möglichst angenehm zu gestalten. Es gab wirklich für jeden eine Art Himmelbett aus rotem Samt, Bettflaschen aus Zinn, prachtvolle Wandteppiche, eine hauseigene Apotheke und freie Sicht aus allen Betten auf die Hauskapelle – das galt damals so viel wie Farbfernsehen. Also doch ein bisschen Luxus in einer schlimmen Situation. 

Wer damals Pest oder Masern hatte, für den war das fast so etwas wie ein Todesurteil. Wer damit aber ins „Hotel Dieu“ gekommen ist, dem muss das wie das Vorzimmer zum Paradies vorgekommen sein. Bei all den Schmerzen war es vielleicht ein kleiner Trost, sich versorgt zu wissen und es ein bisschen angenehm zu haben. Vielleicht wurde es deshalb auch „Hotel Dieu“ genannt. 

Ich könnte mir vorstellen, der Name hat noch einen anderen Grund. Ich glaube an einen Gott, der da absteigt, wo es Menschen schlecht geht, wo sie schwerkrank werden oder sterben, wo sie trauern oder Trost suchen. Da möchte er wohnen, da möchte er dabei sein. Und vielleicht haben ganz viele, die im „Hotel Dieu“ untergebracht waren, das auch spüren können.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31426
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