SWR3 Gedanken

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04AUG2020
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Das Rezept für eine Verschwörungstheorie ist ganz einfach: Es braucht einen dubiosen Anstifter, z.B. einen Geheimdienst, eine chinesische Forschergruppe oder Bill Gates. Diese Verschwörer lasse man Politik unterwandern, Medien beeinflussen oder sonstwie die Fäden ziehen. Und schon ist sie fertig, die Verschwörungstheorie. 

Dabei entstehen die wildesten Gerüchte. Zum Beispiel dass das Corona-Virus vorsätzlich in Umlauf gebracht worden ist. Oder dass die Anschläge aufs World Trade Center eigentlich vom CIA begangen worden sind. Oder dass die Mondlandung vor 51 Jahren nur vorgetäuscht war. 

Eines haben diese Theorien gemeinsam: Sie liefern einfache Antworten auf komplizierte Fragen. Und das macht Verschwörungstheorien so beliebt. Ich hätte auch gerne einfache Antworten: Wer ist für das Corona-Virus verantwortlich? Wer genau hat die Finanzkrise angezettelt. Wer steckt hinter dem Nahost-Konflikt? Wer ist gut und wer ist böse? Wer ist unschuldig und wer schuldig? Einfache Antworten heißt auch einfache Lösungen. Aber leider ist die Welt nicht so. 

Vielleicht hat es das Christentum deshalb nicht gerade leicht. Wenn es um Naturkatastrophen oder Ungerechtigkeiten geht, wenn jemand einen lieben Menschen verliert, dann muss unsere Religion öfters mal eine Erklärung schuldig bleiben, sprachlos sein. Das Christentum liefert keine einfachen Antworten auf die Frage nach dem Bösen im Menschen nach Krankheiten oder Naturkatastrophen. Es bleibt die Spannung, dass ich an einen guten und barmherzigen Gott glaube, und dass es trotzdem an vielen Orten auf unserer Erde so unbarmherzig zugeht. 

Aber genau das macht für mich das Christentum so glaubwürdig. Es weiß manchmal nicht weiter, es kommt in Erklärungsnot. Es ist halt so wie das Leben, nicht schwarz-weiß, sondern bunt und mit vielen Schattierungen. Und deshalb ist es auch garantiert keine Verschwörungstheorie.  

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