SWR2 Wort zum Tag

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09JUL2020
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Kann sein, dass das schon immer so ist; dieses Jahr ist es mir zum ersten Mal aufgefallen:  Am Straßenrand stehen ja viele Wegkreuze  oder Heiligenhäuschen oder – süddeutsch gesagt – Marterl –  und allzuoft auch HolzKreuze zur Erinnerung, wo ein Mensch verunglückt ist. Jedenfalls fand ich auffällig,  dass da häufig eine mehr oder weniger große Fläche Gras gemäht war, manchmal auch das Buschwerk ein bisschen reduziert –  als hätte da  immer mal wieder jemand in Corona-Zeiten  besonders viel Zeit gehabt und eben zum Mähwerk oder zur Sense gegriffen… Obwohl die Straßenmeisterei das Straßenbegleitgrün  eigentlich erst in ein paar Wochen abmachen wollte – mit schwerem Gerät...

Aber warum mussten die alten frommen Zeichen und Orte jetzt schon freigelegt werden?

Kann schon sein, dass da ein Dorf oder eine einzelne Familie ein Gelübde hat oder eine alte Verpflichtung: Sie sorgen für dieses Bild oder das Kapellchen, sie stellen oft auch frische Blumen hin  und gelegentlich ein Licht in einer Laterne. Und sagen mir und allen, die da vorbeigehen oder radeln  oder mit dem Auto vorbeidüsen:  Schaut hin, denkt dran, dass Gott euch begleitet auf eurem Weg. Und dass ihr selbst auch auf euch und auf die anderen achten solltet, damit niemand in Gefahr gerät.

Besonders stark ist diese Mahnung ja, finde ich, in den Unfall-Kreuzen;  Kreuz und Lichter und Blumen und Kränze fragen „Warum?“ und rufen sehr laut: „Macht langsam!“, damit euer Schutzengel mitkommt.

Und wer das Heiligenbild am Straßenrand freilegt, spricht mich auch noch ein bisschen tiefer an: Mal zu schauen, ob mein eigener Glaube vielleicht auch ein wenig erdrückt ist oder ob er zu verschwinden droht unter zu viel anderem Zeug, was da am Rand meines Lebens wächst und manchmal auch wuchert. Freizulegen, was ich glaube und welche Hoffnung mich eigentlich trägt; und das ruhig auch wieder sichtbar zu machen auch für die anderen –  gerade wenn das Leben drumherum so schön in Blüte steht  – oder so viele Fragen stellt und sogar Nöte verursacht,  statt zu blühen wie gehofft. In der Stadt stehen Heiligenbilder oft ein bisschen höher an einer Hauswand; da brauche ich nur mal den Blick zu heben – geht ganz ohne Sichel-Einsatz.

Und zu Fuß oder mit dem Rad  bleibe ich schon mal stehen, am Kreuz oder vor einer Madonna; wenigstens für ein kurzes Gebet ist eigentlich immer Zeit – und sei es nur ein Herr Jesus Christus, erbarme dich und geh weiter mit mir!

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