SWR2 Wort zum Tag

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02JUL2020
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In jeder Krise kommen Fragen, für die man bis dahin keinen Kopf gehabt hat. Das ist in persönlichen und kollektiven Krisen wohl ähnlich. Solange man akut krank ist, geht es vor allem darum: man will gesund werden oder überleben. Wenn ich über den Berg bin, muss ich auch andere Fragen zulassen. Nach Ursachen: war da was in meinem Leben, was die Krankheit begünstigt hat.

Was hat die Pandemie begünstigt? Ist sie „nur“ eine Naturkatastrophe?  Wenn wir davon ausgehen, dann müssen Virologen und Epidemiologen die Antworten geben. Aber vermutlich wäre das zu kurz gedacht.

Es muss uns auch interessieren: wie hat unsere Lebensweise diese Krise befeuert? Global und bei uns. Und nach den Ursachen kommen weitere Fragen: zB. Was jetzt?
Was können wir ändern, um in Zukunft gut zu leben.

Und ich finde, wir sollten noch weiterfragen als Theologe oder Philosophin: warum gibt es das in der Schöpfung? Haben Parasiten einen Sinn? Viele Fragen auf einmal, sagen Sie vielleicht. Und die Antworten ungewiss?

Es ist schwierig mit Ungewissheiten zu leben. man verliert die Trittsicherheit. Muss sich tastend bewegen. Aber mir scheint, das ist ein wichtiger Punkt. Dass wir diese Fragen stellen und uns eingestehen: vieles ist ungewiss. Nicht planbar. Nicht beherrschbar. Und manches möchten wir vielleicht sogar gar nicht wissen.

Die Ungewissheiten sind aber auch ein Zeichen dafür: es ist keine Option, in eine „alte“ Normalität zurück zu wollen. Besser, sich zu einem guten Leben voranzutasten.

Mich erinnert das an die biblische Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten. Sie hatten die bedrückende Fronarbeit hinter sich gelassen. Sie waren aufgebrochen. Aber noch weit vom Ziel. Einige wollten sogar zurück. Die Ungewissheiten vor ihnen schienen zu groß. Doch den meisten war klar. Zurück ist keine Option. Hinter uns gibt es nur „Überleben.“. Das ist nicht genug. Es geht doch darum, wie kann man gut leben. Die Israeliten in der Bibel sind nicht zurück gegangen in vergangene Normalität. Sondern voran trotz der Ungewissheiten. Sie haben es gewagt. Geleitet von ihrem unsichtbaren Gott. „Ich bin der ich bin. Und gehe euch den Weg weisend voraus,“ Das haben sie ihm geglaubt“ (2. Mose 3,14; und 13, 21)

Ich glaube zum Weg aus einer Krise in ein gutes Leben gehört, dass man Ungewissheiten aushält. Als glaubender Mensch kann man das im Gegenüber zu Gott. Vertrauen, dass er mich begleitet und vorangeht. Und wenn Sie nicht an Gott glauben, können Sie vielleicht dennoch hoffen: dass die Schöpfung gutes Leben möglich macht, wenn wir gründlich fragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31206
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