SWR2 Wort zum Tag

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01JUL2020
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Dürre Zeiten sind das gerade und die Aussichten sind unklar. Ich frage mich: Wie übersteht man das? Ich muss an meinen Garten denken. Auch der hat zwei dürre Jahre hinter sich. „Ich gieße doch keine Blumen mit Trinkwasser, wenn’s überall so trocken ist“, hab ich mir gesagt.

In diesem Jahr bin ich sensibler für die Folgen, die eine Dürre mit sich bringt. Noch spürbarer als draußen im Garten waren sie für mich zuletzt in unserem kulturellen und sozialen Leben: keine Feiern, kein Kino, keine Gottesdienste in der Kirche. Auch geistlich hat es viele hart getroffen.

Die Lockerungen der letzten Wochen – wie Regenschauer nach langer Trockenheit habe ich die ersten gemeinsamen Gottesdienste erlebt und die ersten Treffen mit Freunden, die ich lange nicht gesehen hatte. Dankbar und vorsichtig denke ich darüber nach: War es das jetzt mit der Dürre? Wohl eher nicht. Also geht es nach wie vor darum, Quellen in Tiefenschichten zu entdecken.

In der Bibel wird Gott die „Quelle des Lebens“ genannt. Sie in meinem Leben zu finden, das ist die Kunst. Gemeinsam mit anderen fällt mir das leichter, wenn wir miteinander singen oder wenn wir über Dinge reden, die uns wirklich angehen. Im Moment sind allerdings andere Formen gefragt. Eine Kerze und zehn Minuten Stille jeden Tag – das probiere ich gerade aus. Wie lange zehn Minuten sein können, habe ich gelernt, und wie intensiv die Erfahrung von Dürre in dieser kurzen Zeit.

Manchmal kommt aber auch etwas zum Fließen. Ein Gefühl stellt sich ein, ein Gedanke oder ein Bild. Das hat schon für einen Tag lang meinen Blick verändert: Zum Beispiel der Satz „… und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“. Er zog sich wie ein Refrain durch meinen Tag. Immer wieder ist er mir eingefallen. Wenn ich nur auf die dürren Stellen geschaut habe, hat er in den Blick gerückt, woraus ich schöpfe.

Auch in meinem Garten hat sich mittlerweile eine Quelle aufgetan. Mein neuer Regenwassertank fasst 1000 Liter! Oft macht es mir richtig Spaß, die Gießkannen zu schleppen. Der Garten ist damit für mich auch selbst zu einer Quelle geworden. Sie wäscht die Alltagshektik ab und lenkt meinen Blick auf das, was satt ist und voll. Gerade blühen die Hortensien aus voller Kraft. Manchmal muss ich beim Gießen an einen Satz aus der Bibel denken: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle lebendigen Wassers umsonst“.

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