SWR3 Gedanken

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01JUL2020
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Mit 16 hat sie alleine die Welt umsegelt – die Australierin Jessica Watson. Sieben Monate hat sie Wind und Sturm und Wellen getrotzt. Wusste nie, was im nächsten Augenblick passiert. Oft konnte sie nur auf Sicht fahren.

Als ich ihre Geschichte erfahren habe, dachte ich: so ähnlich ging es mir in den letzten Wochen und Monaten. Und vielen anderen auch: „Wir können nur auf Sicht fahren.“ Hieß es öfters. Von Seiten der Virologen, der Politiker, der Arbeitgeber und der Ladenbesitzer. Nur auf Sicht fahren. Längerfristige Planung ist unmöglich. Und das ist gar nicht leicht. Denn eine gute Planung vermittelt ja Sicherheit. Und auch wenn sich manches gerade wieder ändert, im wahrsten Sinne des Wortes „lockert“, bleibt es einfach nur wahr: „Wir können nur auf Sicht fahren.“

Wie das Jessica Watson gelungen ist? Das sagt sie so: „An den äußeren Bedingungen kannst du nichts ändern, aber in der Art und Weise, wie du mit diesen Bedingungen umgehst, daran kannst du was ändern.“ Mich beeindruckt das. Das würde ich auch gerne können. Aber wie? Wie schafft man das? Wie kann man es zum Beispiel einfach annehmen, dieses „nur auf Sicht fahren können“? Was gibt mir Vertrauen, das auszuhalten? Nicht zu wissen, was kommt? Tagelang im Sturm unterwegs zu sein?

Ich verstehe Jessica Watson so: Es ist gut, mir jeden Tag von neuem die Frage zu stellen: was brauchst du heute für diesen Tag. Was brauchst du, um gut durch den Sturm zu kommen? Sich selbst in den Blick zu nehmen, nichts zu überstürzen – darum geht es. Das könnte so etwas wie ein „Fahrplan“ sein, der mich auch durch Sturm und Wellen trägt. Und für mich gehört dazu auch das Vertrauen. Vertrauen darauf, dass Gott auch in diesen stürmischen Zeiten an meiner Seite ist. Und mich nicht verloren gehen lässt. So fahre ich weiter auf Sicht.

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