SWR2 Wort zum Tag

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22JUN2020
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Ein Mann mit Rückgrat ist heute zu feiern, in Zeiten von fake news aktueller denn je. Nur fünf Jahre älter als Martin Luther, gehört der Londoner Sir Thomas More – Thomas Morus ist sein lateinischer Name – in den Kreis der hoch gebildeten Humanisten der Reformationszeit. Zuletzt Lordkanzler im britischen Königreich, also in höchster Spitzenposition, wird er 1535, gerade mal 57 Jahre alt, wegen Hochverrats hingerichtet. Einziger Grund dafür: er wollte nicht lügen. Ein Märtyrer des Gewissens. „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“, war sein Grundsatz.

Dank glänzender Ausbildung wird der begabte More schon mit 23 Jahren Anwalt in London; fast wäre er Mönch geworden, so wichtig sind ihm zeitlebens Glauben und Recht. Sein Haus mit den schließlich vier Kindern, die erste Frau Jane starb früh, war ein gastliches Zentrum der Bildung und des Gesprächs, und wie selbstverständlich tief christlich geprägt. Ganz gegen den Geist der Zeit setzte More sich für die gleichberechtigte Erziehung von Mädchen ein, konkret bei seinen drei Töchtern. Mores berühmte Schrift „Utopia“ zeigt, wie sehr er sich auch gedanklich um gerechtere, um bessere Verhältnisse mühte. Früh ist er Mitglied im Parlament und macht als königlicher Diplomat Karriere. König Heinrich VIII setzt sich mit der Reformation Luthers in Deutschland auseinander und verteidigt den Papst samt dem katholischen Glauben. Thomas More, selbst überzeugter Katholik in Denken und Leben, berät ihn. Heinrich aber steuert immer gezielter die Oberherrschaft auch über Papst und Kirche an. Äußerer Anlaß dafür ist sein Wunsch, wieder zu heiraten und die erste Ehe aufgelöst zu bekommen; aber natürlich stecken auch nationalistische Eigeninteressen dahinter. Der unbestechliche Thomas Morus gibt deshalb das Amt des Lordkanzlers zurück und verweigert schließlich den Eid; zu wichtig sind ihm die Einheit der Kirche und ihre Unterscheidung zur weltlichen Herrschaft. Mit 57 Jahren wird er nach einem Scheinprozess hingerichtet.

Insgesamt eine ungemein sympathische, aufrechte Gestalt, ein Christenmensch mit Rückgrat. „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“ – dieser biblische Grundsatz gilt heute wie damals, und Gewissensbildung ist wichtiger denn je. Nicht zufällig wurde Thomas More just während der Nazizeit, im Jahre 1935, heiliggesprochen.

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