SWR3 Gedanken

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23JUN2020
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Mein Sohn Clemens ist vier und findet gerade alles an sich interessant. Er entdeckt seinen Körper. Letzte Woche stand er morgens gefühlt eine halbe Stunde vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer und hat sich eingehend angeschaut. Und dabei ausprobiert, wie er aussieht, wenn er lacht, wenn er Grimassen zieht, wenn er sich hinkniet. Er hat sich immer wieder um die eigene Achse gedreht. Und ich stand im Türrahmen und hab mir das Ganze angeguckt. Herrlich. Er findet sich einfach schön.

Wie unbefangen Clemens seinem Körper gegenüber ist. Neugierig und richtig stolz.

Wie lange wird das wohl noch so bleiben? Wie lange kann er sich noch schön finden und stolz sein auf seinen Körper? Irgendwann setzt die natürliche Scham ein.

Aber es gibt zusätzlich noch vieles von außen, was das eigene Körpergefühl beeinflusst. Bilder, Werbung oder was andere sagen.
Das weiß ich noch gut von mir selbst. Ich war nie schlank und habe sehr schnell gelernt, dass das nicht richtig ist und damit auch nicht schön. Meine Familie hat das toll aufgefangen, es ging mir nie schlecht. Aber eben: mich richtig gut fühlen, geschweige denn, stolz auf meinen Körper zu sein, das ging nicht.

Das hat erst eingesetzt, als ich älter geworden bin und selbstbewusster. Jetzt bin ich das, stolz auf meinen Körper - egal wie er für andere aussieht. Er hat schon ganz schön viel geschafft.

„So ist es sehr gut.“ Das hat Gott gesagt, nachdem er den Menschen erschaffen hat. Das steht so sinngemäß ganz am Anfang der Bibel. Das heißt nicht, dass wir nicht an uns arbeiten sollen. Im Gegenteil, wir müssen auf uns aufpassen. Aber fest steht: Gott findet uns gut. So oder so.

Das wünsche ich Clemens. Dieses Gefühl, sehr gut zu sein. Egal wie andere schauen, oder was sie sagen.

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