Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Eine Freundin erzählte mir:
„Stell dir mal vor, neulich sitze ich bei meiner Tochter am Spielplatz. Sie spielt mit ihrer besten Freundin, einem iranischen Mädchen. Kommt eine alte Frau aus der Nachbarschaft vorbei, bleibt stehen und beobachtet versonnen die beiden Kinder. Und dann sagt sie – mit dem Blick auf die Freundin meiner Tochter:
Die ist aber auch nicht reinrassisch!
Mir blieb echt die Luft weg!“
„Und was hast du geantwortet?“
„Ich habe einen Augenblick nachgedacht. Die Frau ist schon sehr alt und einfach, wenn ich der gesagt hätte: `Reinrassisch´ ist ein faschistischer Ausdruck aus der Nazizeit – wie kann man so etwas sagen! - ich glaube nicht, dass sie mich verstanden hätte. Also habe ich ihr geantwortet:
Doch, das Mädchen ist durch und durch persisch.
Die alte Frau hat mich verdutzt angesehen. Wirklich? hat sie gefragt und man konnte ihr deutlich ansehen, wie es in ihr arbeitet und dass da irgendetwas nicht stimmte mit ihrem Begriff.“
Mir gefiel die Vorgehensweise meiner Freundin: Sie hat die alte Frau eines Besseren belehrt, ohne sie bloßzustellen.
Jesus hat das auch oft so gemacht:
Einmal bringen seine Gegner eine Frau vor ihn, die haben sie beim Ehebruch ertappt. „Das ist eine Ehebrecherin. Die gehört gesteinigt!“ sagen sie. „Was sagst du?“
„Was seid ihr nur für ein herzloses Pack!“ – Nein, das sagt Jesus gerade nicht.
Er bleibt ganz ruhig, hockt sich hin und schreibt etwas in den Sand. Und lässt sich alle Zeit mit seiner Antwort. Schließlich erhebt er sich, sagt nur diesen einen Satz: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“
Dann bückt er sich wieder nieder und schreibt weiter in den Sand.
Da schauten die Leute ziemlich verdutzt und es arbeitete in ihnen: Was mache ich falsch?
Sie gehen weg, nachdenklich, einer nach dem anderen. Weil Jesus sie eines Besseren belehrt hat, ohne sie bloßzustellen.
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