SWR2 Wort zum Tag

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10JUN2020
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Was ist wichtiger: anpacken und produktiv sein oder einfach nur da sein und aufmerksam zuhören? Für „typische Schwaben“ gar keine Frage! Für die Bibel schon. 

Es gibt eine Geschichte, wo Jesus zwei befreundete Schwestern besucht. Sie heißen Marta und Maria und wohnen gleich hinterm Ölberg südöstlich von Jerusalem. Jesus ist so etwas wie ein Freund des Hauses. Er kommt öfters hier vorbei, wenn er unterwegs ist zum Jordan. Dann versammelt sich das ganze Haus und hört ihm zu. Jesus weiß, wie man sein Publikum packt. Da ist aber noch etwas: Wenn er im Haus ist, sind alle erfüllt und glücklich. 

Als Jesus dieses Mal vorbeikommt, hängt ihm Maria förmlich an den Lippen, sie lässt sich kein Wort entgehen. Sie ist so aus dem Raum und aus der Zeit raus, dass sie total vergisst, Jesus zu bewirten, ihn zu fragen, ob er irgendetwas braucht. Aber da ist ja noch ihre Schwester Marta. Etwas säuerlich sorgt sie dafür, dass es den Gästen gut geht. Sie kümmert sich um Getränke und Häppchen bis ihr der Kragen platzt. Schließlich verpasst sie ja gerade das Beste. Sie sagt zu Jesus: „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester Maria die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Jesus antwortet in seiner unnachahmlichen Art – einerseits liebevoll, andererseits total unerwartet: „Marta, Marta, du machst dir viel Mühe. Aber nur eines ist wichtig. Maria hat das Gute gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“ 

Bumm, das sitzt. Marta ist erst mal bedient. Aber später erkennt sie, was Jesus sagen wollte: „Nichts ist im Moment wichtiger als meine frohe Botschaft an euch. Wie ihr zufrieden leben könnt, dass ihr hoffen dürft auf ein Leben nach dem Tod, dass Gott ein Freund der Menschen ist und nicht ihr Gegenspieler. Das ist im Moment dran, alles andere kann warten. Denn oft werde ich hier nicht mehr vorbeikommen.“ 

Marta und Maria verkörpern zwei Positionen: „Zupacken“ oder „Zuhören“. Ich finde, man sollte das eine nicht gegen das andere ausspielen. Manchmal geht beides und manchmal auch gar nichts. Und wenn nur eines von beiden geht, dann muss ich Prioritäten setzen. Ich kenne genügend Leute, die hätten Jesus bestimmt umsorgt. Ich bin eher so ein Typ, ich hätte zugehört. Wenn man schon mal die Chance hat, Jesus live zu erleben.

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