Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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10JUN2020
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Das Million-Dollar-Trio. So nannte man vor siebzig Jahren den Geiger Jascha Heifetz, den Pianisten Artur Rubinstein und den Cellisten Gregor Piatogorsky. Wenn die drei zusammen auftraten oder ein Musikstück für Schallplatte aufnahmen, bekam dieses Trio die höchsten Honorare. Davon können die allermeisten Musikerinnen und Musiker nur träumen – heute erst recht in diesen Tagen, wo Konzerte kaum möglich sind.

Man mag es kaum glauben, aber auch das viele Geld tat der Eifersucht keinen Abbruch. Besonders Rubinstein und Heifetz waren einander in herzlicher Abneigung zugetan. Wünschten sich zum Beispiel gegenseitig „Schreckliche Weihnachten“. Besonders gerne stritten sie darüber, wer bei einem gemeinsamen Auftritt zuerst genannt werden sollte. Normalerweise ist das der Pianist, also Rubinstein. Aber Heifetz wollte seinen Namen als Geiger auch einmal an erster Stelle lesen. Vom Cellisten sprach übrigens keiner der beiden.

Rubinstein lehnte es kategorisch ab, dass ein anderer als er selbst an erster Stelle steht. Berühmt geworden ist sein Ausspruch: Selbst wenn Gott die Geige spielen würde, wäre die richtige Reihenfolge immer noch: Rubinstein und Gott.

Daraus spricht ein gesundes Selbstbewusstsein. Daraus spricht aber auch sehr wenig Ahnung vom lieben Gott. Denn der kümmert sich zwar sehr herzlich um uns, aber herzlich wenig um sich selbst. So wie es Jesus gesagt hat: Wer unter euch der erste sein will, der soll euch dienen (Markus 10,44).

Wahre Größe besteht darin, von sich selbst absehen zu können. Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Du sitzt am Klavier und hast die meisten Tasten – na und? Du spielst die erste Geige – was weiter? Nimm dir ein Beispiel am Schöpfer und Erhalter des Himmels und der Erde: Der wird ein Mensch, um anderen zu dienen.

Das Problem des Million-Dollar-Trios ist damit noch nicht gelöst. Denn bei einer Aufzählung muss einer ja den Anfang machen. Gott begnügt sich mit dem zweiten Platz. Deshalb bin ich unbedingt für den, der nicht mitgemacht hat beim Kampf um den ersten Platz – ich bin für den Cellisten.

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