SWR3 Gedanken

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05JUN2020
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Die erste Idee in der Pandemie war das Abendgebet in unserer Gemeinde. Um 19 Uhr läuten die Glocken hier in Oeffingen. Schon immer eigentlich, aber jetzt gab es einen aktuellen Anlass zum Gebet.

Jeden Abend um 19 Uhr ist das seit dem so: Ich zünde eine Kerze an und bete und ich weiß: andere zünden auch eine Kerze an und beten. Immer mit dabei: das Vaterunser. Jeden Abend. Und jetzt beten wir es gezwungenermaßen so, wie Jesus es schon immer empfohlen hat: Allein. Jeder in seiner Kammer.

Wer betet, soll das in seiner Kammer tun, hat Jesus gesagt. Also zu Hause. Im eigenen Zimmer, nur mit sich allein. Ich habe gemerkt: das ist gar nicht so einfach. Denn: Ganz allein bin ich ja auch ganz auf mich geworfen. Und dann merke ich plötzlich, wie es in mir aussieht. Meine Seele, habe ich den Eindruck, gleicht da eher einer Rumpelkammer. Da hat sich alles Mögliche angesammelt: Auch Tränen und Trauer, Schuldgefühle und alte Verletzungen.

Ganz schön viel anzugucken, wenn ich so allein in der Rumpelkammer meiner Seele sitze. Jeden Abend um 19 Uhr.

Und genau da hilft mir das Vaterunser. Die immer gleichen Worte geben mir Halt und Trost. Es tut gut, dieses Ritual. Auch weil ich weiß, andere beten jetzt auch. Beten mit den gleichen Worten wie ich: „Vater Unser – nicht „Mein Vater!“ Gemeinsam sitzen wir weniger allein in unserer Rumpelkammer. Haben sogar auf die Entfernung Gemeinschaft miteinander.

In dieser Gemeinschaft kann ich auch besser anschauen, was in meiner Rumpelkammer so rumliegt. Und so manches kann ich dann endlich auch getrost weglegen. Für mich ein gutes Gefühl.

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