SWR3 Gedanken

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01JUN2020
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An Pfingsten, so sagt man, ist der Geburtstag der Kirche. Und die Hauptaufgabe der Kirche ist, von der Vergebung zu sprechen - immer wieder. Denn: Menschen tun sich ja nun mal gegenseitig weh.

Männer tun Frauen weh und Frauen tun Männern weh. Kinder tun ihren Eltern weh und Eltern ihren Kindern. Alle tun wir uns gegenseitig weh. Körperliche oder seelische Schmerzen entstehen auf vielfältige Weise. Schlussendlich, glaube ich, kommen wir aus der Nummer nicht raus und am Ende bleibt die Frage: Wie gehen wir denn damit um, dass wir schuldig geworden sind?

Wer ein Gewissen hat und ein Gespür für solche Verletzungen, der bittet um Entschuldigung. Ich kenne das selbst zu gut. „Ich bin gerade total fertig, in der Arbeit läuft es nicht so gut, wie ich will und dann kommst du auch noch!“ So rede ich mich manchmal raus. Aber es nützt nichts. Ich muss um Verzeihung bitten „Nein, du bist nicht schuld an meinem Stress. Es war falsch was ich gesagt habe, bitte entschuldige, es tut mir leid!“

In den allermeisten Fällen ist es nach so einem Bekenntnis auch wieder gut und die Sache schnell vergessen. Es gibt aber auch andere Verletzungen, die nicht so einfach vergessen sind, die nicht so einfach heilen und die lange, lange weh tun. Da kann man lange um Verzeihung bitten, das wird einfach nicht besser.

Und trotzdem steht in der Bibel: „Vergebt einander, wie auch Christus euch vergeben hat“. Gott also vergibt uns. Und deshalb sollen wir es auch versuchen.

Auch wenn es uns schwer fällt zu vergeben auch wenn es wirklich nicht geht- der Andere soll das Recht für eine zweite Chance bekommen. Als Christ glaube ich daran, dass wir vor allem dann getrost und befreit miteinander leben können wenn wir vergeben und Vergebung erfahren. Deshalb erzählen wir in der Kirche immer wieder von der Vergebung. Und deshalb ist mir die Kirche so wertvoll. Weil wir dort nicht aufhören, von Vergebung zu reden. Auch wenn wir selber das manchmal kaum schaffen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31017
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